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Die Grabkirche in Deggendorf:
Massenwallfahrt brachte der Stadt eine gute Einnahmequelle

In den etwa 400 m langen Deggendorfer Stadtplatz ragt die Grabkirche. Die Synagoge stand genau dort, wo die Grabkirche (unvermittelt) in den Stadtplatz hineinragt.

Foto: Dezember 2003, v. Christine Kühnel, Lizenzstatus: GNU FDL

Zur Entstehungsgeschichte erfahren wir in Georg Dehios "Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Band II Niederbayern (pp.78): "Die am mittleren nördlichen Langhauspfeiler eingemeißelte Inschrift gibt als Jahr des Baubeginns 1337 an. Sie stellt eine Verbindung zwischen dem Baubeginn der Kirche und der Erschlagung der Deggendorfer Juden her. Historische Tatsache ist, dass 1338 die Handwerker der Stadt aus wirtschaftlichen Gründen (Schulden, Missernte) die Juden ermordet und deren Ghetto (jetzt Michael-Fischer-Platz) in Brand gesteckt haben. Die Synagoge stand dort, wo die Grabkirche (unvermittelt) in den Stadtplatz hineinragt."

Beim Bürgernetz Deggendorf e.V. finden sich weitere Angaben: Wahrscheinlich viele Jahre nach dem Judenmord in Deggendorf entstand zur Rechtfertigung des Pogroms eine Legende, die berichtet, die Juden hätten 10 geweihte Hostein gemartert, geschändet und in einen Brunnen geworfen.
Das Wasser sei so von den "Gottesmördern" vergiftet worden, wodurch angeblich viele Christen beim Trinken des Wassers starben. Einem neugeweihten Priester aus Niederalteich sei es schließlich gelungen, die Hostien wunderbar zu bergen und in die Grabkirche zu überführen.

Die zur damaligen Zeit - nicht nur in Deggendorf - gängigen Verdächtigungen, die Juden seien Hostienfrevler, waren bei den Christen wahrscheinlich ein guter Grund, unliebsame Gläubiger umzubringen und damit loszuwerden. Zitat aus genannter Legende: "Gott bewahre uns vor diesem Judengeschmeiß".


Aus der Schedelschen Weltchronik von 1493. Der Deggendorfer Hostienfrevel: "Das ellend iamerig und trostlose volck der iuden... hat das allerhailigst sacrament vilfeltiglich gestochen ... do warden die iuden ... mit gepürlicher peen des tods gestraft".

Die neu errichtete Grabkirche sollte Sühnekirche für den angeblichen Hostienfrevel sein. 1401 gewährte Papst Bonifaz IX. einen großen Ablass, die "Gnad", für fünf Tage nacheinander vom 30.09. bis 04.10.. Die jetzt einsetzende Massenwallfahrt brachte der Stadt eine gute Einnahmequelle.

Da sich immer mehr Kritik an dem Kult um die Gnad regte und die Unhaltbarkeit der Hosteinlegende durch eine wissenschaftliche Arbeit belegt wurde, stellten Ordinariat und Pfarramt die Gnad mit dem Jahr 1992 ein.

Der Benediktiner R. Bauerreiß hat 1931 über 117 "Hostienkirchen" zusammengestellt, darunter 33 mit sehr ähnlicher Entstehungsgeschichte wie die der Deggendorfer Grabkirche:

  • z.B. 1294 Iphofen und Laa/Niederösterreich

  • 1338 Pulkau/Niederösterreich

  • 1404 Lauingen

  • 1440 Breslau

  • 1447 Passau


Einige Beispiele in Mitteleuropa (http://www.routledge.com)
Jahreszahl = Jahrhundert

Die mit dem Bau der Kirchen verbundenen Hostien-Wallfahrten wiesen häufig Gemeinsamkeiten auf, die so weit gingen, dass z.B. das Deggendorfer Wallfahrtslied fast wörtlich mit je einem Passaus und Breslaus übereinstimmte.

Welche Bedeutung konsekrierte Hostien für die Menschen der damaligen Zeit hatten, beweist auch die Inschrift der "Blinden Marter" in der Stadt - Au in Deggendorf: "Bis zu dieser Säule drangen die Hussiten im Jahre 1430 vor. Viermal versuchten sie zu stürmen, wichen aber durch den Segen mit dem hl. Mirakel vor der Stadtmauer aus geblendet, entsetzt zurück und zogen endlich ab".

Spagat oder Eiertanz:
Wallfahrt nach Heiligenblut
Nach vielen Jahren nimmt das Bistum Eichstätt eine antijudaistische Wallfahrt wieder auf und distanziert sich zugleich von ihr...

haGalil onLine - 01-12-2005


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