Die Juden vom Judentum
abkehren?
Kein Nein, dafür ein verwaschenes Ja!
"Nein zur Judenmission"
lautete zwar der Titel einer Veranstaltung beim diesjährigen
'28.Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart', doch was sich erst
recht eindeutig darstellte wurde dann in der Praxis zum unverbindlichen
Gewäsch verwässert. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in
Deutschland, Manfred Kock, verweigerte bei einem so klaren Motto lieber
gleich die Teilnahme, da er Grund habe zur befürchten, es werde von ihm,
dem 'Ratsvorsitzenden der Evang. Kirche', auf dem ' Evangelischen
Kirchentag' eine Position zu diesem Thema erwartet. Nichts neues also
unter der Sonne. Kock wörtlich "Ich sehe die Gefahr, daß man mich als
den Ratsvorsitzenden zwingen will, in diesem Streit Partei zu
ergreifen".
Was folgte, war eher ein nuscheliges
'Ja!'. Die Frage, ob Christen Juden von ihrem Glauben an Jesus Christus
als den Messias überzeugen sollten, bleibt nur vordergründig ungeklärt.
Anstelle Kocks trat Arnold Küenzlen, der württembergische 'Referent für
Fragen der Ökumene' (Ökumene mit wem???) auf's Podium. Er wandte sich
lediglich 'angesichts der deutschen Vergangenheit gegen organisierte
Judenmission'. Dass aber jemand 'die Wahrheit, daß G'tt in Jesus
Christus Mensch geworden sei, nicht nötig habe, dies könne niemand
sagen'. Es sei dies nicht beschließbar. Er könne nicht verschweigen, was
der Grund seines Glaubens sei.
Der frühere Vorsitzende der
Arbeitsgemeinschsaft Juden und Christen beim Kirchentag, Professor
Martin Stöhr, meinte hierzu "Es hätte uns gut angestanden, nicht die
Ausgewogenheit als oberstes Postulat anzusehen. Im übrigen bin ich über
Kock verwundert, da die rheinische Kirche, deren Präses Kock ist, schon
1980 ein 'Nein zur Judenmission' gesprochen hat".
Der Streit war bereits Ende'98
aufgebrochen. Damals hatte die Israelitische Religionsgemeinschaft
Württemberg ihre Teilnahme am Kirchentag abgesagt, weil dort der
evangelikale "Evangeliumsdienst für Israel" auf dem "Markt der
Möglichkeiten" zugelassen wurde. Der Evangeliumsdienst betreibt aktiv
und ausschließlich 'Missionierung von Juden' (wir berichteten mehrfach).
In einer Sendung des SWR (paternoster) wiederholte Landesrabbiner
Joel Berger, er mache eine Teilnahme der IRG-Württembergs von
einer klaren Stellungnahme der EKD abhängig.
Antisemitismus versucht die Juden und
das Judentum von der Welt zu trennen. Antijudaismus versucht die Juden
vom Judentum zu trennen. Beide Bewegungen betreiben damit sowohl die
physische als auch die spirituelle Vernichtung der Juden und des
Judentums. Es sollte nicht notwendig sein auf die Geschichte des
Christentums, als auch auf die Geschichte Deutschlands hinzuweisen, um
eine klare Absage an diese Bewegungen zu fordern, ganz egal welcher
Mittel sie sich gerade bedienen mögen.
dg / haGa 06-1999 |