Zum Beispiel Berlin:
Wie die evangelische Kirche (EKiBB) Judenmission
unterstützt
Am 31. Mai 2000 fand im Foyer der Französischen
Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin Mitte eine
Podiumsdiskussion zur Frage der sogenannten "Judenmission" statt. Titel
der Veranstaltung " Sie sind schon beim Vater".
Eingeladen hatte damals die Evangelische Akademie
Berlin, das American Jewish Committee sowie die Gesellschaft für
christlich-jüdische Zusammenarbeit. Bischof Wolfgang Huber und Professor
Peter von der Osten-Sacken betonten, daß die Kirchen gegen Judenmission
seien. Hauptsächlich würden diese Aktivitäten von freikirchlichen
Gruppierungen betrieben, was die evangelische Landeskirche betrifft, so
ginge es um eine "Quantité négligable".
Auch im Rahmen der Landessynode im Herbst 2000
verdeutlichte Bischof Huber wiederholt die offizielle Position der
evangelischen Kirche in Berlin Brandenburg (EKiBB) zur Judenmission:
"Aber es bleibt nicht nur dabei, sondern muss erneut bekräftigt werden,
dass es aus theologischen Gründen wie im Blick auf unsere Geschichte
eine zielgerichtete Judenmission nicht geben kann. Judenmissionarische
Initiativen auch in Gestalt "messianischer Gemeinden" können sich auf
unsere Kirche weder berufen noch stützen. Bis hin zur Vergabe von Räumen
ist es mir wichtig, dass an dieser Stelle Klarheit besteht"
...mehr messianische Juden
für Deutschland...
Jedoch, in der Novemberausgabe der Monatszeitschrift der
jüdischen Gemeinde zu Berlin, "Jüdisches Berlin" wurde folgender
Leserbrief veröffentlicht, den wir hier leicht kürzen:
"... Seit Monaten liegen - was der evangelischen
Kirche bekannt gemacht wurde - stapelweise Handzettel "mehr messianische
Juden für Deutschland" der sich als messianisch-jüdisch definierenden
Gemeinde Beit Sar Schalom im Cafè des CVJM in Berlin-Mitte aus. Der CVJM
arbeitet unter dem Dach der evangelischen Kirche.
Beit Sar Schlom trifft sich jeden Samstagnachmittag in einem kirchlichen
Krankenhaus im Berliner Süden zu messianischen
Gottesdiensten, an denen bis zu 150 Personen teilnehmen.
Simultanübersetzung ins Russische ist gewährleistet. Es werden auch
Judentaufen durchgeführt. Dieses Krankenhaus ist unter der Trägerschaft
des Diakonischen Werkes Berlin Brandenburg (siehe www.diakonie.net).
Auch dies ist kirchenleitenden Gremien inzwischen bekannt. In einigen
freikirchlichen Gemeinden, die - wie die evangelische Kirche - im
Ökumenischen Rat Berlin sind, finden regelmäßig judenmissionarische
Veranstaltungen statt.
Wie paßt all das zu der von Bischof Huber verbal
vertretenen Position gegen Judenmission? Da er nach den
Eingangsstatements nicht mehr anwesend war, konnte er sich zu diesen
Fragen nicht mehr äußern. Aus aktuellem Anlaß sind inzwischen noch
einige weitere Fragen zu stellen:
Beit Sar Schalom (Haus des Friedensfürsten) hat
inzwischen seinen 5.Geburtstag gefeiert. Zur Feier kamen - nicht nur aus
Baden-Württemberg - Vertreter von judenmissionarischen Aktivitäten,
sondern auch aus dem Bereich der evangelischen Kirche in Berlin.
Gratuliert - zu den judenmissionarischen Erfolgen - in Form von
Grußworten haben auch Pfarrer Paul Toaspern, Pastor Hans Büsser
(Berliner Stadtmission) sowie ein Pfarrer des Diakonieverbandes
Schlachtensee. Der Diakonieverband Schlachtensee ist Mitglied im
Diakonischen Werk Berlin. Pfarrer Paul Toaspern ist Pfarrer der
evangelischen Landeskirche im Ruhestand. Zu DDR-Zeiten war er beratend
für und zeitweise Mitglied in kirchenleitenden Organen. Er hat auch
Theologen auf die kirchliche Praxis vorbereitet - ist also keineswegs
ein no-name oder kirchlicher Randsiedler.
Pastor Hans Büsser leitet eine Gemeinde der Berliner Stadtmission, die
ein freies Werk der evangelischen Landeskirche ist - also unter deren
Dach. Hinzu kommt noch, daß der Leiter der Berliner Stadtmission - also
der Chef von Pastor Büsser - zugleich der Beauftragte des Bischofs für
Mission ist. Wie paßt es zusammen, daß ein Bischof, der gegen
Judenmission ist, einen Beauftragten für MISSION hat, dessen Mitarbeiter
zum Geburtstag einer judenmissionarischen Gemeinschaft gratuliert?
Die Vertreter der evangelischen Landeskirche, die
bei der oben erwähnten Veranstaltung als Podiumsgäste eingeladen waren,
bezeichneten Judenmission als etwas, das nur in freikirchlichen Kreisen
stattfinden würde und aus landeskirchlicher Perspektive eine quantité
négligable sei. Die Realitäten sprechen eine andere Sprache.

Nun hat am ersten Septemberwochenende (Anm. d.
Red.: 2000) in Berlin ein Ausbildungswochenende, das im
deutschsprachigen Raum ausgeschrieben war, stattgefunden, in dem
Interessierte für judenmissionarische Einsätze trainiert wurden.
Veranstalter war Beit Sar Schalom und eingeladen war aus Amerika ein
Vertreter der Organisation "Chosen People Ministries" (Sam Nader -
Leiter des Gesamtwerkes) - neben "Jews for Jesus" der zweite große
Exponent für Judenmission. Räume hat eine freikirchliche Gemeinde zur
Verfügung gestellt, die Mitglied im Ökumenischen Rat Berlin ist. Das
Datum war mit Bedacht gewählt, denn die Hohen Feiertage standen bevor
und den Teilnehmern wurde nahegelegt, sich in dieser Zeit in die
Synagogen und jüdischen Gemeinden zu begeben und aktiv zu werden, denn
da seien Juden "besonders offen für ihren Messias Jeschua".
Ein evangelischer Parrer ..., der versuchte auf
kirchenleitender Ebene jemand zu finden, um gegen dererlei Aktivitäten
eine Stellungnahme in Form einer Presse-Erklärung abzugeben, war
erfolglos. Auch das nächste christliche Laubhüttenfest, eine Kooperation
mehrerer freikirchlicher Gemeinden, von denen manche im Ökumenischen Rat
Berlin sind, war in Planung ...
Wie reagiert die evangelische Kirche im Hinblick
darauf , daß einige dieser Gruppierungen mit ihr im Ökumenischen Rat
Berlins sitzen? ..."
Obwohl der vollständige Text dieses Leserbriefes der
evangelischen Kirche von mehreren Seiten zuging, gab es bis zum heutigen
Tag darauf keine Reaktion. Es wurde auch keines der genannten Details
bestritten.
Inzwischen hat vom 9. bis 12. November 2000 in Potsdam
die "3. Israel Gebets- und Fastenkonferenz" stattgefunden.
Veranstaltungsort war die evangelische Nikolaikirche, das größte
Kirchengebäude der Stadt, das zu diesem Zweck freikirchlichen
Gruppierungen überlassen worden ist.
Fazit: Auch wenn die offizielle kirchliche Position sich
gegen Judenmission richtet, so werden durch Raumvergabe und andere
logistische Hilfestellungen solche Aktivitäten von freikirchlichen
Gemeinden und evangelikalen Gruppen innerhalb der Landeskirche
unterstützt.
FORUM / LESERBRIEFE:
Die Offensive der Missionare
haGalil onLine - 10-07-2001 |