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Ein Brief an die Redaktion:
Die Mission zielt auf ein Vakuum

Liebes Hagalil-Team,

ich habe mich natürlich auch schon oft gefragt, was man gegen die Judenmission tun kann und ich meine, man sollte zuerst einmal in den jüdischen Gemeinden selbst ansetzen. Bei uns beispielsweise ist in der Gemeinde religiöses Niemandsland. Es geht um Gemeinderatswahlen, um Organisatorisches, um Häkel- und Kochkurse, um einen kleinen Chor, der ab und zu mal zusammenkommt, oft aber auch nicht und das wars dann.

Es gibt keinen Religionsunterricht für Erwachsene, keinen Iwrith-Kurs und ganz, ganz selten mal einen Schiur. Die einzige Möglichkeit, etwas zu lernen, so sagte man mir, sei der Kiddusch am Kabbalat Schabbat, da werde immer mal ein Thema erörtert. Sonst war ich immer nur samstags zur Synagoge gegangen, aber wenn man was am Freitag lernen kann, dachte ich mir, gehe ich hin. Ich habe auch etwas gelernt: Wie man eine defekte Nockenwelle auswechselt, wo man den besten Fisch bekommt, welcher Friseur freundlich und welcher weniger freundlich ist und viele andere nützliche Dinge, also die gleichen Themen wie samstags. Nur über religiöse Themen wurde wieder nicht gesprochen.

In der nächsten Woche ging ich noch einmal zum Rabbiner und fragte ihn, ob man nicht mal einen Unterricht organisieren könne, darüber, wie die Liturgie überhaupt abläuft und wie ich mich im Sidur zurechtfinden kann. Leider kann die Gemeinde aber aus personellen und Zeitgründen solche Angebote nicht machen, war die lapidare Antwort. Schade, dachte ich mir, also kümmere ich mich doch noch mal um einen Iwrith-Kurs. Aber leider, der wird nur in der evangelischen Gemeinde angeboten: In der jüdischen Gemeinde: Nichts. Da einige Mitglieder der evangelischen Gemeinde häufiger bei uns zu Gast sind, kennen sie mich und es war mir peinlich, mich bei ihnen anzumelden. Also kein Iwrith-Kurs.

Wenn ich etwas lernen will, bin ich auf mich selbst angewiesen. Meine Nachbarinnen auf der Frauenempore (selten sind wir mehr als drei bis vier Frauen) sehen mich entnervt an, wenn ich frage, welche Seite ich im Sidur aufschlagen muss, aber wenn ich genau hinsehe, hat jede eine andere Seite aufgeschlagen: Sie wissen es selbst nicht und wollen es mir nicht eingestehen. Da werfen sie mir lieber einen abweisenden Blick zu, als sei ich die einzige Unwissende in der Synagoge. Also strenge ich meine Augen an und versuche zu erkenne, welche Seite die Männer aufgeschlagen haben. Ergebnis: Jeder eine andere.

Beim Schema versteht man hin und wieder noch ein Wort, aber jedes andere Gebet kann froh sein, dass es Bärte gibt, denn dorthinein versickert das unverständliche Gemurmel, weil kaum jemand mehr als das Schema beherrscht und jeder nur ein wenig mitbrummt, wenn er vermutet, dass jetzt ein Gebet gesagt werden soll.

Warum können wir uns nicht gegenseitig eingestehen, dass wir nur noch wenig von der Liturgie, den Gebeten, den Liedern und insgesamt vom Judentum wissen? Wir könnten uns doch gegenseitig helfen, wenn wir ehrlicher zueinander wären. So quält sich jeder mit seiner Unwissenheit alleine herum und ist mehr damit beschäftigt, seine Mängel zu vertuschen als damit, etwas dagegen zu tun.

Das Wissen ist uns doch nicht schuldhaft abhanden gekommen, es ist ein Resultat der Schoah, dass wir nun alle so hilflos dastehen. Warum schämen wir uns dafür, dass wir nur noch rudimentäre Kenntnisse besitzen?

Wenn wir nicht endlich wach werden, dann unterstützen wir den weiteren Niedergang des Judentums durch unsere eigene Hilflosigkeit. Ist es da erstaunlich, dass die messianischen Juden und die christlichen Bekehrer so erfolgreich sind? Sie füllen doch nur das religiöse Vakuum, das wir uns in unseren Gemeinden selbst nicht gefüllt kriegen.

B.I.

FORUM / LESERBRIEFE:
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