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Sprüche der Väter:
Die G'tteslehre

Die Masakheth Awoth im babylonischen Talmud

Aus dem 7.Kapitel

7

zadik.gif (3470 Byte)Auf drei Dingen steht die Welt: auf der Tora, auf G'ttesdienst und Nächstenliebe. Höher als die Erforschung der Lehre steht die gute Tat. 1,17.

Ohne Bestand ist das Wissen, wenn es nicht auf der Tat begründet ist. 3,12.

Was frommt die Weisheit, wenn sie nicht vor der Sünde zu schützen vermag. 3,11.

Einem Baume mit vielen Zweigen und wenig Wurzeln gleicht, der vieles weiß und wenig tut. Bricht ein Sturm herein, dann beugt er ihn nieder und wirft ihn um. 3,22.

(Höher aber als die Tat steht die G'ttesfurcht.)
Wer die Heiligtümer entweiht, die Feste verachtet, seinen Nächsten öffentlich beschämt, den Bund Abrahams zerstört und die Torah missbraucht, der hat keinen Teil am Jenseits, selbst wenn er die Torah lernt und Wohltaten übt. 3,15.

Drei Kronen gibt es: die Krone der Tora, des Priestertums und des Königtums. Die Krone eines guten Namens überstrahlt sie alle. 4,17.

8

Seid nicht wie die Knechte, die dem Herrn nur um des Lohnes willen dienen, sondern wie jene, die ihrem Herrn dienen ohne Rücksicht auf den Lohn. Die Ehrfurcht vor G'tt walte in euch 1,3.

Sei mutig wie der Tiger und aufstrebend wie der Adler, schnell wie der Hirsch und stark wie der Leu, um den Willen deines himmlischen Vaters zu vollbringen. 5,23.

Sei eifrig in der Übung der unscheinbarsten guten Tat und in dem Meiden einer noch so geringen Sünde, denn unübersehbar sind die Folgen. 4,2.

Wenn du betest, dann tue es nicht, um nur der Tradition zu genügen, sondern es sei ein inbrünstiges Flehen vor G'tt... und zweifle niemals an seiner Gnade. 2,18.

Gib G'tt von dem deinen, denn alles ist sein: du und alles, was du hast. 3,8.

Mache G'tteswillen zu dem deinen, damit er deinen Willen zu dem seinen mache. Unterdrücke deinen Willen vor dem seinen, damit er jeden Willen deiner Feinde vor dem deinen unterdrücke. 2,4.

Was du auch unternimmst, das tue im Namen G'ttes. 2,17.

Jeder Streit um G'ttes Willen ist von bleibendem Wert. Jeder Streit um persönliche Dinge stiftet Unheil. Das Vorbild eines segensreichen Streites sind die Schulen Hillels und Schammais, das eines unheilvollen Streites hingegen der persönliche Zwist der Rotte Korah. 5,20.


Jeder im Namen G'ttes gestiftete Verein hat Bestand. 4, 14. * Wer den Namen G'ttes auch nur heimlich entweiht, der entgeht der öffentlichen Strafe nicht, gleichviel ob er es fahrlässig oder mutwillig getan. 4, 5.
Wenn ich nicht für mich bin, wer ist für mich? Wenn ich nur für mich bin, was bin ich? Und wenn nicht jetzt, wann denn? 1, 14. *
* Der Tag ist kurz, der Arbeit ist gar viel. Die Arbeiter sind träge, der Lohn ist groß und der Hausherr drängt. 2, 20.
Es liegt dir nicht ob, selbst das
Einleitung
Werk zu vollenden, aber du hast nicht die Freiheit, dich ihm zu entziehen. 2, 21.


Dein Werkmeister ist zuverlässig und zahlt dir den Lohn deines Wirkens; doch wisse, daß dem Frommen die Belohnung erst jenseits zuteil wird. 2, 21. *t* Das Leben hienieden gleicht einer Vorhalle der künftigen Welt. Rüste dich in der Vorhalle, damit du würdig werdest, in den Palast zu treten. 4, 21.
Einen Fürsprecher erwirbt sich, wer ein göttliches Gebot erfüllt, einen Ankläger, wer eine schlechte Tat begeht. Die Bußfertigkeit zusammen mit der guten Tat bilden einen Panzer gegen das Strafgericht. 4, 13.
Eine Stunde der Buße und guter Werke hienieden ist mehr wert als das ganze Jenseits, und die Seligkeit einer Stunde im Jenseits ist mehr wert als alle Freuden dieses Lebens. 4, 22.
Alles ist vorhergesehen, dennoch ist die freie Wahl gegeben. Nach Gnade wird die Welt gerichtet, dennoch wird alles nach dem Übergewicht der guten Handlungen entschieden. 3, 19.
Alles wird auf Borg gegeben und ein Netz ist über alles Lebende ausgebreitet. Der Laden ist offen.und der Krämer borgt. Das Buch ist aufgeschlagen, und die Hand schreibt. Wer geliehen haben will, mag kommen und leihen. Die Schuldforderer gehen täglich umher und ziehen die Schulden ein, gleichviel ob der Schuldner willig ist oder nicht, denn sie haben eine feste Stütze. Der Urteilsspruch ist ohne Fehl... 3, 20.
Als Hillel einst einen Schädel auf dem Wasser schwimmen sah, sprach er: weil du ertränkt hast, haben sie dich ertränkt, und auch die, welche dich ertränkt haben, werden ertränkt werden. 2, 7.
Demütig sei der Mensch, denn was des Sterblichen harrt, ist der
Einleitung
Wurm. 4, 4- *
* Bedenke drei Dinge und du wirst nie in eine Sünde verfallen. Bedenke, woher du kommst, wohin du gehst und vor wem dereinst du Rechenschaft abzulegen haben wirst. Du kommst von einem verfaulten Tropfen, gehst zu Staub und Gewürm und wirst dereinst vor dem König der Könige Rede stehen müssen. 3, 1.
Der Geborenen harrt der Tod und des Todes die Auferstehung, und der Auferstehung das Gericht vor dem, der Schöpfer und Bildner, Kläger, Zeuge und Richter ist, vor dem es weder Unrecht noch Vergessen, weder Begünstigung noch Bestechung gibt. Und laß dich nicht vom bösen Trieb beschwichtigen, daß das Grab eine Zufluchtsstätte für dich sei. Gegen deinen Willen wurdest du erschaffen, gegen deinen Willen lebst du, gegen deinen Willen wirst du sterben, und gegen deinen Willen wirst du Rechenschaft ablegen müssen vor dem König der Könige, dem Heiligen, gelobt sei er. 4, 29.
Traue dir selbst nicht bis zum Tage deines Todes. 2, 3.
9| Unterordne dich dem Haupte, sei nachsich-
tig gegen die Jugend und komme jedermann freundlich entgegen. 3, 16; 4, 20; 1, 15.
Liebe den Frieden und jage ihm nach. Liebe die Menschen und leite sie zur Tora. 1,12.
Dein Haus sei weit geöffnet, und die Armen seien deine Hausgenossen. 1,5.
Manche unterstützen die Armen, sehen es aber nicht gern, daß es auch andere tun: das sind die Eifersüchtigen. Andere handeln umgekehrt: das sind die Geizigen. Die Frommen geben und wünschen, daß es auch andere tun. Die Bösen geben nichts und verleiten auch die anderen dazu. 5, 6.


Mein ist
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Einleitung
mein und dein ist dein, das ist die Gesinnungsart der gewöhnlichen Menschen oder gar der Sodomiter. Mein ist dein und dein ist mein, so spricht der Pöbel. Mein ist dein und Dein ist dein, das ist die Gesinnung der frommen. Mein ist mein und Dein ist mein, das ist die Gesinnungsart des Bösewichtes. 5, 13.
Jede Liebe, die auf einer Sache beruht, verschwindet mit der Sache. Nur die Liebe, die auf nichts beruht, ist von Dauer.


Bestandlos war die sinnliche Liebe zwischen Amnon und Tamar, unvergänglich hingegen die Freundschaft zwischen Jonatan und David. 5, 19. Die Ehre deines Nächsten sei dir so viel wert wie die eigene. 2, 15.


(Auch) der Besitz deines Nächsten sei dir heilig wie der deine. 2, 17.


Verschaffe dir einen Lehrer, gewinne dir einen Freund und beurteile jeden Menschen nach der günstigen Seite. 1, 6.


Verdamme niemand, solange du nicht in seiner Lage warst. 2, 6.
Freue dich nicht über die Trübsal deines Feindes, dein Herz frohlocke nicht, wenn er gestrauchelt ist. Der Ewige könnte es mißfällig sehen und seinen Zorn auf dich wenden. 2, 24. *

Versuche es nicht, deinen Nächsten zu besänftigen, wenn er vom Zorn überwältigt ist. Tröste ihn nicht, solange der Tote vor ihm liegt. Suche ihn nicht von seinem Ziele abzubringen in dem Augenblick, in dem er es gefaßt hat, und besuche ihn nicht in der Stunde seiner Erniedrigung. 4, 23.
1 C\ Wahrheit, Gerechtigkeit und Friede sind J. \J* die Pfeiler der menschlichen Gesellschaft.
1,18.

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Sondere dich nicht von der Gesamtheit ab. 2,5.
An wem die Menschen Wohlgefallen haben, an dem
Einleitung
hat auch G'tt Wohlgefallen... 3, 13.
Welches ist der rechte Weg, den der Mensch erwählen soll? Der, der nicht nur dem, der ihn betritt, sondern auch den andern Menschen ehrenhaft erscheint. 2, 1.


Wer sich der Menschenfreundlichkeit, der Bescheidenheit und der Genügsamkeit befleißigt, gehört zu den Jüngern Abrahams, die Mißgünstigen, Übermütigen und Habgierigen hingegen zu denen Bileams. 5, 23.
Bete für das Wohl der Obrigkeit. Wenn die Furcht vor ihr nicht wäre, würde einer den andern lebendig verschlingen. 3, 2.
n Liebe die Arbeit, fliehe die Ehrsucht und
dränge dich nicht zu den Großen. 1, 10.
Seid behutsam im Verkehr mit den Großen, die den Menschen nur um des eigenen Vorteils willen an sich ziehen. Sie begegnen ihm freundlich, solange ihr Nutzen es heischt, und stehen ihm nicht bei, wenn er in Not gerät. 2,3.
Wer Prozesse meidet, der entgeht der Feindschaft, dem Raub und dem Meineid. Wer sich bei der Rechtsentscheidung überhebt, ist töricht, frevlerisch und hochmütig. 4,9. * Halte dich fern von einem bösen Nachbar. Geselle dich nicht zu einem schlechten Menschen und wähne nicht, daß die Strafe ausbleiben werde. 1, 7.


Mein Leben lang habe ich unter Weisen verbracht und habe gefunden, daß für den Menschen nichts heilsamer sei als Schweigen. 1, 17. * Sprich wenig und tue viel. 1, 15.
Spare mit deinen Worten bei der Frau, sei es eine fremde oder die eigne. Wer viel mit ihr schwatzt, zieht sich Böses zu, wird von der Tora abgelenkt und gerät am Ende in die Hölle. 1,5.
Ver-
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Einleitung
gnügungssucht und leichter Sinn lenken von Zucht und Sitte ab. Die mündliche Überlieferung ist ein Zaun für die geschriebene G'tteslehre. Die Zehntengaben bilden einen Damm gegen übermäßigen Reichtum. Die Gelübde sind Gehege für die Mäßigkeit. Schweigen ist der Weisheit Zaun. 3, 17.
Der Schlaf in den Morgen hinein, das Weingelage am Mittag, das Schwatzen mit Kindern, der Aufenthalt unter Ungebildeten führen zur Versumpfung. 3, 14.
Verachte niemand und unterschätze nichts. Es gibt keinen Menschen, der nicht seine Stunde finden, und kein Ding, das nicht irgendwie zur Geltung kommen könnte. 4, 3.
Ein Rabbi fragte einst seine Schüler: ,Was ist's, worauf der Mensch im Leben den größten Wert zu legen habe?' Der eine sagte: ,ein wohlwollendes Auge', der andere:,ein guter Freund', der dritte: ,ein guter Nachbar' der vierte ,das Schauen der kommenden Dinge', der fünfte: ,ein gutes Herz'. Der Rabbi schloß sich der letzten Ansicht an, weil in ihr alle andere enthalten ist. 2, 13.


Vier Gemütsarten gibt es: schwer zu erzürnen und schwer zu besänftigen: leicht zu erzürnen und leicht zubesänftigen: bei beiden wiegt der Nachteil den Vorteil auf. Schwer zu erzürnen und leicht zu besänftigen: das ist die Gemütsart der Frommen; leicht zu erzürnen und schwer zu besänftigen, das ist die Gemütsart der Frevler. 5,14-
Wer ist ein Held? Wer sich selbst beherrscht. Wer ist reich? Der mit seinem Lose zufrieden ist. Wer wird verehrt? Der die Menschen ehrt. 4, 1.
Schönheit und Kraft, Reichtum, Ehre und Weisheit, hohes Alter und tugendhafte Kinder sind ein Schmuck der Frommen und ein Schmuck der
Einleitung
Welt. 6, 8.
Im fünften Lebensjahre ist der Mensch reif für das Lesen der Tora, im zehnten für das Lesen der Mischna, im dreizehnten für die Übung der göttlichen Gebote, im fünfzehnten für die Erklärung der Mischna, im achtzehnten für die Ehe, im zwanzigsten für den Lebensberuf, im dreißigsten gelangt er zu voller Kraft, im vierzigsten zu vollem Verstand, im fünfzigsten zu einsichtigem Rat, im sechzigsten zum gesetzten Alter, mit siebenzig zum Greisenalter, im achtzigsten zum hohen Alter, im neunzigsten zum Verlöschen, im hundertsten ist er wie tot. 5, 24.
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ERSTE ORDNUNG:
SAATEN
1. TRAKTAT
,BERAKOT\ LOBSPRÜCHE
1. KAPITEL
MISCHNA 1
DIE JÜDISCHE RELIGION weist einen ausgesprochenen demokratischen Zug auf. Die altägyptischen Priester haben ihre heiligen Schriften, im Gegensatz zu den demotischen, volksgebräuchlichen, in einer dem Volke unverständlichen Schrift, den Hieroglyphen, abgefaßt, um das Volk von den Geheimnissen der Religion fernzuhalten und um so fester an die Hierarchie zu fesseln. Aus demselben Grunde hat die katholische Kirche die Übersetzung der heiligen Schrift aus der dem Volke unverständlichen lateinischen Sprache in die Landessprache verboten. Im Pentateuch findet sich eine Reihe von Geboten und Verboten, die ausdrücklich als eine Reaktion gegen die ägyptischen Sitten und Gebräuche bezeichnet werden, so das Verbot des Totenkultus, worin ausdrücklich gesagt wird, daß man es nicht so wie die Ägypter machen solle. Ebenfalls im Gegensatz zu den Ägyptern scheint der Verfasser des Pentateuch vorgegangen zu sein. Er bedient sich einer durchaus volkstümlichen Sprache und mahnt das Volk auf das nachdrücklichste, sich mit dieser Schrift eingehend zu befassen. ,Und du sollst von ihnen -den Geboten der Tora - reden, wenn du im Hause sitzest und auf dem Wege gehest, dich niederlegest und aufstehest' (5 B. M. 6, 7.)


Ein zweiter charakteri-
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Erste Ordnung
stischer Zug der jüdischen Religion ist die Verharrung bei dem einmal Festgesetzten. Andere Nationen pflegen die Gesetze, die mit den Zeitverhältnissen nicht mehr übereinstimmen, abzuändern oder ganz aufzuheben. Anders die Juden.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß sie tatsächlich vor dem Einzug in Kanaan in der Wüste geweilt und dort Gesetze erhalten haben, so könnte man ihn aus dem oben angeführten Gebote unzweideutig erbringen. Nur von einem in der Wüste sich aufhaltenden Volke, das von Nahrungssorgen nicht abgelenkt wurde, konnte man verlangen, daß es vom Morgen bis zum Abend sich unablässig mit der Schrift befassen sollte.Sobald die Hebräer in Kanaan eingewandert waren und sich dem Ackerbau ergeben hatten, war die Befolgung dieses Gebotes unmöglich geworden. Anstatt es aber aufzuheben, wurde es umgedeutet. Man legte das Schwergewicht dieses Gebotes auf die Schlußworte: ,Wenn du dich niederlegest und wenn du aufstehest. Also nicht den ganzenTag, sondern nur am Abend, kurz vor dem Schlafengehen, und nur am Morgen, kurz nach dem Aufstehen. Man hielt es auch nicht für erforderlich, täglich die ganze Tora zu studieren, sondern beschränkte sich auf einige ihrer wichtigsten Stellen. Als solche galten: Höre Israel, der Herr unser G'tt, der Herr ist einzig. Du sollst deinen G'tt lieben von ganzer Seele, von ganzem Herzen und von ganzem Vermögen...' 5. B. M. 6,4-9, u. a.Verse. Das Wort ,Höre\ mit welchem die erste Stelle beginnt, lautet in der Schrift ,Schemä'. Nach diesem Worte wird die ganze Auslese bezeichnet. Nach einem alten jüdischen Brauche, der später umgangen wurde, durf-
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1. Traktat
te man die Worte der heiligen Schrift nicht auswendig hersagen, sondern man mußte sie lesen, daher ,Keriat Schema', ,Lesen des Schema". An diese wahrscheinlich aus der frühesten biblischen Zeit stammende Rezitation knüpfte sich später die .Tefilla', das Abend- und Morgengebet; das aus einer Reihe von Lobsprüchen besteht.
Unsere Mischna befaßt sich mit der Frage, innerhalb welchen Zeitraums diese Rezitation stattzufinden hat. Mit andern Worten, welche Zeitpunkte unter ,Und wenn du dich niederlegest und aufstehest' gemeint sind. Die Zeitbestimmung des Keriat Schema am Morgen behandelt sie im nächsten Kapitel. Hier sucht sie zunächst die des Abends festzustellen. Bei dieser Frage bedient sie sich des ungenauen Ausdrucks: von wann an liest man das Schema am Abend ?' Genauer hätte es heißen müssen: von wann an bis wann'. Als Antwort gibt sie das Ergebnis einer Debatte wieder, die hierüber im Syne-drion zu Jabne unter dem Vorsitz des Rabban Gamliel stattgefunden hat. Über die Anfangszeit waren alle einig, daß sie mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, zu dem die Priester, die sich in religiösem Sinne verunreinigt hatten, nach erfolgter Reinigung eintreten (beginnen) durften, von der heiligen Gabe zu essen, ,... und wer irgendein Gewürm anrührt, dadurch er unrein wird... ist unrein bis zum Abend und soll von dem Heiligen nicht essen, sondern zuvor den Leib in Wasser baden, und wenn die Sonne untergegangen und er rein geworden ist, so mag er davon essen'. 3 B. M. 22, 7. Schwieriger war die Frage über die Endzeit. Hier mußte man zu einer astronomischen Bestimmung greifen. Die Mehrheit des Synedrion, die Cha-
Erste Ordnung
kamim', die Weisen, entschieden sich für Mitternacht. Eines der Mitglieder hingegen setzte diesen Zeitpunkt auf das Ende der ersten Nachtwache', der Vorsitzende des Synedrion, Rabban Gamliel, sogar bis zum Erscheinen des Morgensterns. Unsere Mischna verweist noch auf einen Vorfall, wonach die Söhne des Gamliel in später Nacht von einem Gastmahl heimkehrten und auf die Frage, ob sie noch das Schema lesen dürften, von ihrem Vater die Antwort erhielten, daß dies bis zum Erscheinen des Morgensterns gestattet sei. Auch die Chakamim, fügt die Mischna hinzu, seien dieser Ansicht; sie hätten aber grundsätzlich bestimmt, daß alle religiösen Handlungen, die bis zum Aufsteigen des Morgensterns auszuüben sind, bis Mitternacht vollbracht sein müssen, da man sie sonst verschlafen könnte. Die Mischna führt noch zwei solcher Fälle an: das Verbrennen der Fettstücke und bestimmter Teile der Opfertiere, das in der dem Schlachttage folgenden Nacht geschehen muß; ferner das Verzehren der Opfer, das innerhalb eines Tages erfolgen muß.
Bemerkenswert ist, daß die Ansichten der Opponenten erwähnt werden, während die Mischna sonst ihrem kodifikatorischen Charakter gemäß nur die geltenden Entscheidungen ausdrücklich hervorhebt. Endlich fällt auch die Erzählung auf, die von den Söhnen Gamliels eingestreut wird. Derartige Illustrationen sind sonst in der Mischna nicht gebräuchlich.
WORTGETREUE ÜBERSETZUNG, BL. 2a
Von welcher Zeit an liest man das Schema am Abend? Von der Zeit an, da die Priester hineingehen,
24
1. Traktat
von ihrer heiligen Gabe zu essen, bis zum Ende der ersten Nachtwache. Die Worte des Rabbi Elieser. Die Chakamim aber sagen: bis Mitternacht. Rabban Gamliel sagt: bis der Morgenstern aufsteigt. Es begab sich, daß seine Söhne vom Gastmahl kamen. Sie sprachen zu ihm: Wir haben (noch) nicht das Schema gelesen. Er erwiderte ihnen: ,Wenn der Morgenstern noch nicht aufgestiegen ist, seid ihr verpflichtet, zu lesen'. Und nicht dies allein haben sie gesagt, sondern überall, wo die Weisen gesagt haben: bis Mitternacht, gilt ihr Gebot: bis der Morgenstern aufsteigt. Das Abdampfen des Fettes und der Glieder, ihr Gebot gilt: bis daß der Morgenstern aufsteigt. Und alle (Opfer), die an demselben Tage verzehrt werden müssen, ihr Gebot ist: bis daß der Morgenstern aufsteigt.Wenn dem so ist, warum haben die Chakamim gesagt: bis Mittemacht? Um den Menschen von der Sünde fernzuhalten.
GEMARA
SCHOLIE 1. Von welcher Stelle der Tora leitet die Mischna das Keriat Schema ab? Warum wird der Abend dem Morgen vorausgeschickt ? Zur Beantwortung dieser beiden Fragen verweist die Gemara auf 5. B. M. 6, 7: Wenn du dich niederlegest und wenn du aufstehest. Hieraus geht hervor, daß man zweimal am Tage das Schema lesen muß, und daß ferner der Tag mit dem Abend beginnt. Als zweiten Beleg für die Tatsache, daß bei den Hebräern der Tag mit dem Abend beginnt, wird 1. B. M. 1,5 angeführt: ,Und es ward Abend und es ward Morgen, ein Tag'.
In dem nächstfolgenden Mischnastück werden die Lob-
Erste Ordnung
Sprüche behandelt, die dem Schema voraus- und nachgeschickt werden. Bei dieser Gelegenheit ist zuerst vom Morgen und dann vom Abend die Rede. Diesen scheinbaren Widerspruch erklärt die Gemara damit, daß die Mischna, die vorher bereits mit dem Abend begonnen hat, nunmehr mit dem Morgen fortfährt.
WORTGETREUE ÜBERSETZUNG, BL. 2a
Der Mischnalehrer, worauf bezieht er sich, daß er lehrt: ,von welcher Zeit an?' Und dann, warum verändert er, indem er zuerst am Abend' lehrt. Sollte er doch zuerst vom Morgen lehren. Der Mischnalehrer bezieht sich auf die Schrift. Denn es ist geschrieben: Wenn du dich niederlegest und wenn du aufstehest', und er lehrt so: wann ist die Zeit des Keriat Schema beim Niederlegen? Von der Stunde an, da die Priester hineingehen, von ihrer heiligen Gabe zu essen. Und wenn du willst, sage ich: er entnimmt es aus der Schöpfung der Welt. Denn es ist geschrieben: ,Und es ward Abend und es ward Morgen, ein Tag'. Wenn es so ist, hätte doch das letzte (das nächste Mischna-stück), welches lehrt: am Morgen sagt man zwei Lobsprüche vorher und einen nachher, und am Abend sagt man zwei vorher und zwei nachher' .zuerst mit dem Abend beginnen sollen. Der Mischnalehrer fängt an mit dem Abendlichen, dann lehrt er das Morgendliche, da er sich beim Morgendlichen befindet, erklärt er die Dinge des Morgens und dann erklärt er die Dinge des Abends.


SCHOLIE 2. Wir haben bereits die im 3. B. M. 5-7 angeführte Bestimmung kennengelernt, wonach der
26
1. Traktat
unrein gewordene Priester erst dann vom Heiligen wieder essen darf, wenn die Sonne untergegangen ist und er sich gereinigt hat. Dieser Satz lautet im hebräischen Texte: ,u-ba haschemesch we-taher' - ,und die Sonne ist gekommen, und er ist rein'. Unter ,die Sonne ist gekommen' kann man ebensogut den Anfang wie das Ende des Sonnenunterganges verstehen. [Die Gemara bedient sich hierbei unklarer Bezeichnungen. Sie nennt den Anfang des Sonnenunterganges ,Biat oro' - ,das Kommen seines Lichtes', und das Ende ,Biat schimscho' - ,das Kommen seiner Sonne'. ,Seiner' bezieht sich auf den Priester.] Ebenso zweideutig ist der Ausdruck ,wetaher' - ,und er ist rein'. Er kann sich auf den Priester beziehen und also besagen, daß dieser sich beim Sonnenuntergang reinigen muß. In diesem Falle muß man unter ,die Sonne ist gekommen' den Anfang des Sonnenunterganges verstehen. Er kann sich aber auch auf den Tag beziehen und ,zu Ende gehen' bedeuten. So lautet eine babylonische Redewendung: ,Die Sonne ist untergegangen und der Tag ist rein geworden'. In diesem Falle darf der Priester von der heiligen Gabe essen, wenn die Sonne untergegangen ist, gleichviel ob er die zur Sühnung vorgeschriebene Waschung vorgenommen hat oder nicht. Unter ,und die Sonne ist untergegangen' muß dann das Ende des Sonnenunterganges verstanden werden. Die Gemara hält die letztere Deutung für richtiger, weil es sonst ,wa-jithar' - ,und er soll gereinigt sein', und nicht ,we-taher' (Perfectum) hätte heißen müssen.
Während es beim Sonnenuntergang bezüglich des Priesters nicht zweifelfrei ist, ob es sich um den Anfang oder das Ende handelt, ist

 

DIE SPRÜCHE DER VÄTER

 

Kapitel 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6

1

1. Mose empfing das Gesetz am Sinai. Und von Moses kam es auf Josua und von Josua auf die Ältesten und von den Ältesten auf die Propheten und von den Propheten auf die Männer der Großen Ratsversammlung. Und diese lehrten drei Dinge: Seid bedächtig beim Rechtsprechen! Nehmt viele Schüler an! Macht einen Zaun um das Gesetz!

2. Simon der Gerechte war einer der letzten Männer der Großen Ratsversammlung. Er sagte: Drei Dinge sind es, auf denen die Welt beruht: Das Gesetz, der Gottesdienst, die Werke der Nächstenliebe.

3. Antigonus aus Soko war Schüler Simons des Gerechten. Er sagte: Seid nicht wie Knechte, die dem HERRN nur in der Hoffnung auf Belohnung dienen. Seid vielmehr wie die Knechte, die dem HERRN dienen, ohne an die Belohnung zu denken. Nur die Ehrfurcht vor dem Himmel sei über euch.

4. Jose, Joezers Sohn, aus Sereda und Jose, Jochanans Sohn, aus Jerusalem waren beide Schüler der vorigen. Und Jose, Joezers Sohn, aus Sereda sagte:

Dein Haus sei ein Versammlungsort weiser Männer. Bestäube dich mit dem Staub ihrer Füße, und trinke durstig ihre Worte.

5. Und Jose, Jochanans Sohn, aus Jerusalem sagte: Die Tür deines Hauses sei weit geöffnet, dass die Armen deine Hausgenossen seien. Und rede nicht viel mit dem Weib. - Dies sagten sie von der eigenen Frau; wieviel mehr gilt es dann von des Nächsten Weib! Dazu sagten die Weisen: Wer viel mit dem Weibe redet, der schädigt sich und vernachlässigt die Erforschung des Gesetzes und erwirbt schließlich die Hölle.

6. Die Schüler der Vorigen waren Josua, Perachjas Sohn, und Nitai aus Arbel. Und Josua, Perachjas Sohn sagte: Such dir einen Lehrer und erwirb dir einen Freund. Beurteile jeden Menschen nach der guten Seite.

7. Und Nitai aus Arbel sagte: Meide einen bösen Nachbarn, mach dich nicht gemein mit einem Gottlosen, und gib den Gedanken an das Strafgericht nicht auf.

8. Die Schüler der vorigen waren Juda, Tabais Sohn, und Simon, Schetachs Sohn. Und Juda, Tabais Sohn sagte: Wenn du richtest, handele nicht wie die Fürsprecher vor Gericht. Solange die Parteien vor dir stehen, sollen sie wie Schuldige erscheinen in deinen Augen, wenn sie aber von dir gehen, sollen sie schuldlos erscheinen in deinen Augen, wenn sie das Urteil anerkannt haben.

9. Und Simon, Schetachs Sohn, sagte: Prüfe die Zeugen genau, und sei vorsichtig mit deinen Worten, damit sie daraus nicht lernen, wie sie lügen sollen.

10. Die Schüler der vorigen waren Schemaja und Abtalion. Und Schemaja sagte: Liebe die Arbeit und hasse das Würdenamt, und suche dich nicht mit der Obrigkeit zu verbinden.

11. Und Abtalion sagte: O ihr Weisen seid vorsichtig mit den Worten, denn ihr könntet euch der Verbannung schuldig machen und verbannt werden an einen Ort schlechten Wassers, und die Schüler, die euch nachfolgen an diesen Ort, würden davon trinken und müssten sterben, denn da sie trinken das schlechte Wasser der falschen Lehre, wird der göttliche Name entweiht.

12. Die Schüler der vorigen waren Hillel und Schammai. Und Hillel sagte: Sei wie die Jünger Aarons und liebe den Frieden und strebe nach Eintracht, liebe die Menschen und führe sie zum Gesetz.

13. Ferner sagte er: Wer seinen Namen groß machen will, wird ihn verlieren. Und wer nicht zunimmt, der nimmt ab. Und wer nicht lernt, der ist des Todes schuldig. Und wer die Krone nur ausnützt, der wird zugrunde gehen.

14. Ferner sagte er: Wenn ich nicht für mich bin, wer ist dann für mich? Wenn ich nur für mich bin, was bin ich dann? Wenn nicht jetzt, wann sonst ?

15. Und Schammai sagte: Mach die Erforschung des Gesetzes zum Mittelpunkt deines Lebens. Versprich wenig und tue viel. Empfange jeden Menschen mit freundlicher Miene.

16. Rabban Gamaliel sagte: Such dir einen Lehrer, und erhebe dich aus dem Zweifel. Entrichte den Zehnten nicht nach Gutdünken.

17. Sein Sohn Simon sagte: Mein ganzes Leben habe ich verbracht unter den Weisen und fand nichts besser für den Sterblichen als das Schweigen. Nicht das Lehrgespräch ist die Hauptsache, sondern das Tun, und wer viel redet, bringt Sünde hervor.

18. Rabban Simon, Gamaliels Sohn, sagte: Auf drei Dingen beruht die Welt: Auf Recht, auf Wahrheit und auf Frieden, denn es steht geschrieben [Sach.8,16]: Rede einer mit dem anderen Wahrheit, und richtet recht, und schaffet Frieden in euren Toren.

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2

1. Rabbi - das ist Juda der Fürst, der Sohn Simons -, er sagte: Welches ist der rechte Weg, dass ihn der Mensch wähle? - Der den ehrt, der ihn einschlägt, und der ihm Achtung einbringt bei den Leuten. Beachte ein geringes Gebot genau so wie ein wichtiges, denn du weißt nicht, wie sie vergolten werden. Halte gegen den Verlust wegen Einhaltung eines Gebots den dadurch entstehenden Gewinn, und gegen den Gewinn wegen Übertretung den dadurch entstehenden Verlust. Merk auf drei Dinge, und du wirst nicht in Sünde fallen: Beherzige was über dir ist, ein Auge das sieht und ein Ohr das hört, und dass alle deine Werke in ein Buch geschrieben werden.

2. Rabban Gamaliel, Rabbi Judas des Fürsten Sohn, sagte: Es ist ein köstlich Ding, die Erforschung des Gesetzes mit weltlichen Werken zu verbinden, denn das Mühen um beide lässt das Sündigen vergessen. Die Erforschung des Gesetzes ohne einen anderen Lebenserwerb aber muss zunichte werden und zieht Sünde nach sich. Die sich im Dienst an der Gemeinde abmühen, sollen also tun um des Himmels willen, denn das Verdienst ihrer Väter hilft ihnen, und die Gerechtigkeit ihrer Väter besteht in Ewigkeit. ER spricht: Euch aber will ich reichen Lohn zurechnen, als hättet ihr alles vollbracht.

3. Seid vorsichtig im Umgang mit den Großen, denn nur aus Eigennutz sind sie herablassend gegen die Menschen. Sie stellen sich freundlich, doch nur wenn sich daraus ein Vorteil für sie ergibt. In der Notzeit aber stehen sie dem Menschen nicht bei.

4. Ferner sagte Rabban Gamaliel: Tu SEINEN Willen, als sei es dein Willen, damit er deinen Willen als SEINEN Willen tue. Brich deinen Willen vor SEINEM Willen, damit er den Willen anderer vor deinem Willen breche.

5. Hillel sagte: Sondere dich nicht ab von der Gemeinde. Misstraue dir selbst bis zu deinem letzten Atemzug. Richte nicht deinen Nächsten, ehe du selbst nicht in seine Lage gekommen bist. Rede nichts Unverständliches in der Annahme, man werde es später schon verstehen. Und sprich niemals: Wenn ich Muße habe, dann will ich lernen, denn wer weiß, ob du jemals Muße findest.

6. Er sagte ferner: Wer das Gesetz nicht kennt, der scheut keine Sünde, und wer nichts weiß, kann nicht gerecht sein. Ist einer schüchtern, dann vermag er nichts zu lernen, und ist einer aufbrausend, dann kann er nicht lehren. Und wer viel Handel treibt, wird nicht weise. Fehlt es an einem Ort an Männern, dann bemühe dich, ein Mann zu sein.

7. Und da er sah einen Schädel auf dem Wasser treiben, redete er ihn an und sprach: Weil du ertränkt hast, ertränkte man dich, und die dich ertränkten, werden ertrinken.

8. Er sagte ferner: Mehr Fleisch bedeutet auch mehr Gewürm. Mehr Güter, mehr Sorgen. Mehr Mägde, mehr Unzucht. Mehr Knechte, mehr Untreue. Mehr Weiber, mehr Zauberei. Mehr Gesetz, mehr Leben. Mehr Lehre, mehr Weisheit. Mehr Rat, mehr Einsicht. Mehr Werke der Nächstenliebe, mehr Frieden. Und wer einen guten Leumund erworben hat, der besitzt das ewige Leben.

9. Und Rabban Jochanan, Zakkais Sohn, war Schüler Hillels und Schammais, und er sagte: Rühme dich nicht, wenn du viel im Gesetz geforscht hast, denn dazu wurdest du ja erschaffen.

10. Es hatte Rabban Jochanan, Zakkais Sohn, fünf Schüler: Rabbi Eliezer, des Hyrkanos Sohn, Rabbi Josua, Chananjas Sohn, Rabbi Jose, den Priester, Rabbi Simon, Nathanaels Sohn und Rabbi Eleazar, Araks Sohn.

11. Er lobte ihre Tugenden, indem er sprach: Rabbi Eliezer, des Hyrkanos Sohn, - er ist wie eine gut ausgekalkte Zisterne, die keinen Tropfen verlorengehen lässt. Rabbi Josua, Chananjas Sohn, - gebenedeit sei, die ihn geboren. Rabbi Jose, der Priester, - er ist ein Gerechter. Rabbi Simon, Nathanaels Sohn, - er fürchtet die Sünde. Rabbi Eleazar, Araks Sohn, - er ist wie eine Quelle, die immer stärker strömt.

12. Auch pflegte er zu sagen: Wären alle Weisen Israels in einer Waagschale und Eliezer, des Hyrkanos Sohn in der anderen, dann würde er sie alle aufwiegen. Und Abba Saul sagte in seinem Namen: Wären alle Weisen Israels in einer Wagschale und Eliezer, Sohn des Hyrkanos, noch dazu, und wäre Rabbi Eleazar, in der anderen, dann würde er sie alle aufwiegen.

13. Er sprach zu ihnen: Gehet hin und sehet, welches der richtige Weg ist, dass ihn sich ein Mensch erwähle. Da sprach Rabbi Eliezer: Ein freundliches Auge. Und Rabbi Josua sprach: Ein guter Freund. Und Rabbi Jose sprach: Ein guter Nachbar. Und Rabbi Simon sprach: Vorausschauendes Handeln. Und Rabbi Eleazar sprach: Ein gutes Herz. Da antwortete er ihnen und sprach: Eleazar, Araks Sohn, hat am besten geantwortet, denn in seinen Worten sind eure enthalten.

14. Ferner sprach er zu ihnen: Gehet hin und sehet, welches der schlimmste Weg ist, dass der Mensch ihn meide. Da sprach Rabbi Eliezer: Ein böses Auge. Und Rabbi Josua sprach: Ein schlechter Freund. Und Rabbi Jose sprach: Ein böser Nachbar. Und Rabbi Simon sprach: Geborgtes nicht zurückerstatten. Und dabei gilt es gleich, ob einer von Menschen borgt oder von Gott, denn es steht geschrieben [Ps. 37,21]: Der Gottlose borgt und bezahlt nicht, der Gerechte aber ist barmherzig und gibt. Und Rabbi Eleazar sprach: Ein böses Herz. Da antwortete er ihnen und sprach: Eleazar, Araks Sohn, hat am besten geantwortet, denn in seinen Worten sind eure enthalten.

15. Jeder von ihnen lehrte drei Dinge. - Rabbi Eliezer sagte: Achte die Ehre deines Nächsten wie deine eigene. Hüte dich vor dem Zorn. Tu Buße einen Tag vor deinem Tode! Wärme dich am Feuer der Weisen, doch hüte dich vor ihren glühenden Kohlen, dass du dich nicht verbrennst, denn ihr Biss ist wie der eines Fuchses, und ihr Stich ist wie der eines Skorpions, und ihr Zischen ist wie das Zischen einer Schlange, und ihre Worte sind wie glühende Kohlen.

16. Und Rabbi Josua sagte: Das böse Auge, böse Leidenschaft und Menschenhass bringen den Menschen aus der Welt.

17. Und Rabbi Jose sagte: Achte deines Nächsten Gut wie dein eigenes. Bereite dich gut vor, das Gesetz zu lernen, denn es fällt dir nicht einfach als Erbe zu. Was du tust, tue um des Himmels willen.

18. Und Rabbi Simon sagte: Sei aufmerksam und genau beim Lesen des »Höre Israel« und beim Achtzehngebet. Wenn du betest, mache dein Gebet nicht zu etwas Äußerlichem, sondern bete mit Inbrunst und Flehen vor Gott, denn es steht geschrieben [Joel 2,13]: Er ist gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte, und ihn reut bald der Strafe. Erscheine dir selbst nicht als einer, der straft.

19. Und Rabbi Eleazar lehrte: Bemühe dich eifrig, das Gesetz zu lernen, damit du dem Gottlosen zu erwidern weißt. Halte fest im Sinn, für wen du dich mühst, und wer dein Meister ist, der dir sicher den Lohn geben wird für deine Mühen.

20. Rabbi Tryphon sagte: Kurz ist der Tag, und ist viel der Arbeit. Träge sind die Arbeiter, und hoch ist der Lohn. Und der Meister drängt.

21. Ferner sagte er: Zwar ist es nicht deine Sache, die Arbeit zu vollenden, doch darfst du dich ihrer auch nicht einfach entledigen. Hast du viel im Gesetz geforscht, wird dein Lohn groß sein; denn dein Meister wird dir sicher den Lohn geben für deine Mühen. Halte aber fest im Sinn, dass die Gerechten ihren Lohn erst in der zukünftigen Welt erhalten werden.

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3

1.  Akabja, Mahalaleels Sohn, sagte: Auf drei Dinge achte, dann verfällst du nicht der Sünde: Halte fest im Sinn, woher du kommst, wohin du gehst, und vor wem du dereinst Rechenschaft geben musst. - Woher du kommst: Aus einem stinkenden Tropfen. - Wohin du gehst: An den Ort des Staubs und des Moders und der Würmer. - Vor wem du dereinst Rechenschaft geben musst: Vor dem König der Könige, dem Heiligen, gepriesen sei er.

2. Rabbi Chanina, der Vorsteher der Priester, sagte: Bete für das Wohl der Obrigkeit, denn gäbe es keine Furcht vor ihr, würde einer den anderen lebendig verschlingen.

3. Rabbi Chanina, Teradions Sohn, sagte: Wenn zwei beieinander sitzen und nicht reden über das Gesetz, dann ist das ein Zusammensitzen von Spöttern, denn es steht geschrieben: Wohl dem der nicht sitzt, da die Spötter sitzen. [Ps. 1,1] - Wenn aber zwei beieinander sitzen und reden über das Gesetz, dann ist SEINE Gegenwart bei ihnen, denn es heißt [Mal.3,16]: Aber die Gottesfürchtigen trösten einer den anderen also: Der HERR merkt auf und hört es, und vor ihm ist ein Denkzettel geschrieben für die, so den HERRN fürchten und an seinen Namen gedenken. - Ich weiß es darum von zweien. Woher aber weiß ich, dass der Heilige, gepriesen sei er, auch dem seinen Lohn geben wird, der allein dasitzt und das Gesetz erforscht? Es steht geschrieben: Es ist ein köstlich Ding, dass ein Einsamer geduldig sei, wenn es ihm auferlegt ist.

4. Rabbi Simon sagte: Wenn drei an einem Tisch essen und nicht reden über die Worte des Gesetzes, dann ist es so, als ob sie von Götzenopfern äßen, denn es steht geschrieben [Jes. 28,8]: Denn alle Tische sind voll Speiens und Unflats an allen Orten. - Wenn aber drei an einem Tisch essen und reden über die Worte des Gesetzes, dann ist es so, als ob sie von Gottes Tisch äßen, denn es steht geschrieben: Und er sprach zu mir: Das ist der Tisch der vor dem HERRN stehen soll. [Hes. 41,22]

5. Rabbi Chanina, Chatdnais Sohn, sagte: Wer des Nachts wach ist, und wer allein reist, und wer sein Herz nichtigen Gedanken zuwendet, verwirkt sein Leben.

6. Rabbi Nechunja, Hakkanas Sohn, sagte: Wer das Joch des Gesetzes trägt, dem wird das Joch der Regentschaft genommen und das Joch der weltlichen Sorgen. Wer aber das Joch des Gesetzes abschüttelt, der muss das Joch der Regentschaft tragen und das Joch der weltlichen Sorgen.

7. Rabbi Chalaphta aus Kephar Chananja sagte: Wenn zehn beieinander sitzen und reden über das Gesetz, dann ist SEINE Gegenwart bei ihnen, denn es steht geschrieben: Gott steht in der Gemeinde Gottes. [Ps. 82,1] - Und über fünf steht geschrieben: Er ists, der seinen Bund auf der Erde gründet.[Amos 9,6] Der Bund aber bedeutet die Hand. - Und über drei steht geschrieben: Und ist ein Richter unter den Göttern. [Ps. 82,1] - Und über zwei steht geschrieben: Aber die Gottesfürchtigen trösten einer den anderen also: Der HERR merkt auf und hört es. [Mal. 3,16] Und über einen heißt es [2. Mos. 20,24]: Denn an welchem Ort ich meines Namens Gedächtnis stiften werde, da will ich zu dir kommen und dich segnen.

8. Rabbi Eleazar aus Bartotha sagte: Gib IHM von dem, das IHM gehört, denn du und das Deine sind ja SEIN. Und es steht geschrieben von David, da er IHN lobte: Denn von dir ist alles gekommen, und von deiner Hand haben wir dirs gegeben. [1. Chr. 29,24]

9. Rabbi Simon sagte: Wer einen Weg geht und das Gesetz erforscht, die Erforschung aber unterbricht und spricht: Wie schön ist dieser Baum! Wie schön ist dieses Feld! dem wird es angerechnet, als hätte er sein Leben verwirkt.

10. Rabbi Dostai, Jannais Sohn, sagte im Namen des Rabbi Meir: Wer auch nur ein Wort vergisst von seiner Erforschung des Gesetzes, dem wird es angerechnet, als hätte er sein Leben verwirkt, denn es steht geschrieben [5. Mos. 4,9]: Hüte dich nur und bewahre deine Seele wohl, dass du nicht vergessest der Geschichten, die deine Augen gesehen haben. - Man könnte wohl meinen, dass dies auch gilt, wenn dem Menschen die Erforschung zu schwer ist; aber es steht weiter geschrieben: Und dass sie nicht aus deinem Herzen kommen all dein Leben lang. - Er hat also sein Leben nur dann verwirkt, wenn er sich hinsetzt und die Worte des Gesetzes aus seinem Herzen kommen lässt.

11. Rabbi Chania, Dosas Sohn, sagte: Wem die Furcht vor Sünde wichtiger ist als seine Weisheit, dessen Weisheit bleibt bestehen. Und wem seine Weisheit wichtiger ist als die Furcht vor Sünde, dessen Weisheit wird vergehen.

12. Er sagte ferner: Wem gute Werke mehr gelten als seine Weisheit, dessen Weisheit bleibt bestehen. Und wem Weisheit mehr gilt als seine guten Werke, dessen Weisheit wird vergehen.

13. Und er pflegte zu sagen: Wer bei seinen Mitmenschen Wohlgefallen findet, der findet auch Wohlgefallen bei Gott, und wer bei seinen Mitmenschen kein Wohlgefallen findet, der findet auch kein Wohlgefallen bei Gott.

14. Rabbi Dosa, der Sohn des Archinos, sagte: Morgens schlafen, mittags Wein trinken, Kindergeschwätz und Sitzen, wo sich die Unwissenden aus dem gemeinen Volk versammeln, bringen den Menschen aus der Welt.

15. Rabbi Eleazar aus Modaim sagte: Wer entweiht, was geheiligt ist, wer die Feste schändet, wer etwas tut, dass sein Nächster erbleichen muss vor den Leuten, wer den Bund der Beschneidung unseres Vaters Abraham bricht, und wer das Gesetz falsch auslegt, hat an der zukünftigen Welt keinen Teil, selbst wenn er gute Werke getan und das Gesetz erforscht hat.

16. Rabbi Ismael sagte: Sei dienstfertig und nachgiebig bei erzwungenem Dienst, und nimm jeden Menschen freundlich auf.

17. Rabbi Akiba sagte: Scherzen und Leichtsinn verleiten zur Unzucht. Und er sagte: Die überlieferten Buchstaben sind ein Zaun um das Gesetz, die Abgaben des Zehnten sind ein Zaun um den Reichtum, Gelübde sind ein Zaun um die Enthaltsamkeit, und Schweigen ist ein Zaun um die Weisheit.

18. Er sagte ferner: Der Mensch wird geliebt, denn er ward erschaffen nach dem Ebenbild [1. Mos. 1,27]; noch größere Liebe aber ist es, dass ihm offenbart ward, dass er nach dem Ebenbild geschaffen worden ist; denn es steht geschrieben: denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht. [1. Mos. 9,6] - Die Israeliten werden geliebt, denn sie heißen Kinder Gottes; noch größere Liebe aber ist es, dass ihnen offenbart ward, dass sie Gottes Kinder heißen; denn es steht geschrieben [5. Mos. 14,1]: Ihr seid Kinder des HERRN, eures Gottes. - Die Israeliten werden geliebt, denn sie empfingen ein kostbares Geschenk; noch größere Liebe aber ist es, dass ihnen offenbart ward, dass sie ein kostbares Geschenk empfingen, durch das die Welt erschaffen worden ist, denn es steht geschrieben [Spr. 4,2]: Denn ich gebe euch eine gute Lehre; verlasset mein Gesetz nicht.

19. Alles ist vorhergesehen, doch die freie Wahl ist gegeben. Mit Güte wird die Welt gerichtet, und alles wird vergolten nach dem Maß der guten Werke.

20. Ferner sagte er: Alles wird auf Bürgschaft gegeben, und ein Netz ist über alles gebreitet, was da lebt. Der Laden ist geöffnet, der Krämer gibt gegen Bürgschaft, die Schreibtafel liegt offen und die Hand schreibt. Wer borgen will, mag kommen und borgen. Die Eintreiber der Schulden gehen beständig umher jeden Tag und treiben das Schuldige ein von dem Menschen, ob er will oder nicht, denn sie haben etwas, worauf sie sich stützen, die Eintragungen. Das Gericht ist gerecht und sein Spruch ruht auf Wahrheit, und zum Mahl ist alles bereit.

21. Rabbi Eliezer, Azarjas Sohn, sagte: Ohne Gesetz keine gute Sitte, und ohne gute Sitte kein Gesetz. Ohne Weisheit keine Gottesfurcht, und ohne Gottesfurcht keine Weisheit. Ohne Einsicht kein Wissen, und ohne Wissen keine Einsicht. Ohne Nahrung kein Gesetz, und ohne Gesetz keine Nahrung.

22. Ferner sagte er: Womit ist der zu vergleichen, dessen Weisheit größer ist als seine Taten? Mit einem Baum, der viele Zweige aber wenig Wurzeln hat. Der Wind bläst und entwurzelt ihn und wirft ihn um, denn es steht geschrieben: Der wird sein wie ein einsamer Baum auf der Heide und wird nicht sehen den zukünftigen Trost, sondern wird bleiben in der Dürre, in der Wüste, in einem unfruchtbaren Lande, da niemand wohnt. [Jes. 17,6] - Womit aber ist der zu vergleichen, dessen Taten größer sind als seine Weisheit? Mit einem Baum, der wenig Zweige aber viele Wurzeln hat. Auch wenn alle Winde der Welt kommen und ihn anblasen, rücken sie ihn nicht von seinem Platz, denn es steht geschrieben [Jes. 17,8]: Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt und am Bach gewurzelt. Denn obgleich eine Hitze kommt, fürchtet er sich nicht, sondern seine Blätter bleiben grün, und sorgt nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern er bringt ohne Aufhören Früchte.

23. Rabbi Eliezer, Chasmas Sohn, sagte: »Nester« [Vogelopfer] und »Reinigungen« sind die Hauptspeisen der Weisheit, Astronomie und Geometrie sind nur Beilagen dazu.

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4

1.  Zomas Sohn sagte: Wer ist weise? Der von allen Menschen lernt, denn es steht geschrieben: Ich bin gelehrter als alle meine Lehrer. [Ps. 119,99] - Wer ist ein Held? Der seine Leidenschaften überwindet, denn es steht geschrieben: Ein Geduldiger ist besser als ein Held, und der seines Mutes Herr ist, denn der Städte gewinnt. [Spr. 16,32] - Wer ist reich ? Der sich bescheidet, denn es steht geschrieben: Du wirst dich nähren durch deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast es gut. [Ps. 128,2] »Wohl dir« - in dieser Welt und »du hast es gut« - in der zukünftigen. - Wer ist geehrt? Der die Menschen ehrt, denn er steht geschrieben: Wer mich ehrt, den will ich auch ehren; wer aber mich verachtet, der soll wieder verachtet werden. [1. Sam. 2,30]

2. Azzais Sohn sagte: Laufe nach einem geringfügigen guten Werk wie nach einem großen, und fliehe die Sünde; denn ein gutes Werk zieht ein anderes nach sich, und eine Sünde zieht eine andere nach sich. Der Lohn für ein gutes Werk ist ein gutes Werk, und der Sünde Lohn ist weitere Sünde.

3. Ferner sagte er: Verachte keinen Menschen, und halte nichts für unmöglich; denn jeder Mensch hat seine Zeit, und jedes Ding hat seinen Ort.

4. Rabbi Levitas aus Jabne sagte: Sei sehr demütig, denn zu erhoffen hat der Mensch Moder und Gewürm.

5. Rabbi Jochanan, Berokas Sohn, sagte: Wer den Namen Gottes im Verborgenen entweiht, den trifft die Vergeltung vor aller Augen, und es ist einerlei, ob es durch Irrtum oder aus Vermessenheit geschah.

6. Rabbi Ismael, sein Sohn, sagte: Wer lernt, um zu lehren, dem wird gegeben, zu lernen und zu lehren. Und wer lernt, um danach zu handeln, dem wird gegeben, zu lernen und zu lehren und zu erwägen und danach zu handeln.

7. Rabbi Sadok sagte: Mach die Gesetzeskunde nicht zur Krone, damit zu glänzen, und nicht zum Grabscheit, damit zu graben. Denn so sagte schon Hillel: Wer die Krone nur ausnützt, der wird zugrunde gehen. Darum: wer die Worte des Gesetzes ausnützt, nimmt sein Leben aus der Welt hinweg.

8. Rabbi Jose sagte: Wer das Gesetz ehrt, ist auch geehrt bei seinen Mitmenschen, und wer das Gesetz herabsetzt, der ist auch bei seinen Mitmenschen ohne Würde.

9. Rabbi Ismael, sein Sohn, sagte: Wer Gerichtshändel meidet, der befreit sich von Feindschaft, Raub und Meineid. Wer aber stolz ist im Amt der Rechtslehre, der ist töricht, gottlos und aufgeblasen.

10. Ferner sagte er: Urteile nicht allein, denn es gibt nur EINEN, der allein richten kann. Dränge als Richter auch nicht zu deiner Meinung die da sind mit dir in der Gerichtsversammlung, denn sie dürfen es wohl, du aber nicht.

11. Rabbi Jonathan sagte: Wer das Gesetz erfüllt in der Armut, wird es auch später im Reichtum erfüllen, und wer das Gesetz in der Armut missachtet, wird es auch später im Reichtum verachten.

12. Rabbi Meir sagte: Setze Schranken deinem Gewerbe und erforsche das Gesetz. Sei demütig gegen jedermann. Wenn du nachlässig bist in der Erforschung des Gesetzes, dann werden viele Widrigkeiten sein wider dich. Wenn du dich aber in der Erforschung des Gesetzes abgemüht hast, dann wirst du reichen Lohn empfangen.

13. Rabbi Eliezer, Jakobs Sohn, sagte: Wer ein Gebot hält, erwirbt sich einen Fürsprecher, und wer eine Sünde begeht, erwirbt sich einen Ankläger. Buße und gute Werke aber sind ein Schild gegen das Strafgericht.

14. Rabbi Jochanan der Sandalenmacher sagte: Eine Gemeinde, die im Namen des Himmels zusammenfindet, wird dauern fort und fort, und eine Gemeinde, die nicht im Namen des Himmels zusammenfindet, wird nicht Bestand haben.

15. Rabbi Eleazar, Schamuas Sohn, sagte: Die Ehre deines Schülers sei dir so wert, wie deine eigene, und die Ehre, die du deinem Freund erweist, sei wie die Ehrfurcht vor deinem Lehrer, und die Ehrfurcht vor deinem Lehrer sei wie die Ehrfurcht vor dem Himmel.

16. Rabbi Juda sagte: Sei vorsichtig, wenn du lehrst, denn beim Lehren wird dir jedes Versehen als Vorsätzlichkeit zugerechnet.

17. Rabbi Simon sagte: Es gibt drei Kronen: Die Krone des Gesetzes, die Krone des Priestertums und die Krone des Königtums. Die Krone des guten Namens aber übertrifft sie alle.

18. Rabbi Nehorai sagte: Laufe nach dem Ort des Gesetzes, und sage nicht, es werde zu dir kommen, oder deine Freunde würden es dir aufbewahren. Und verlasse dich nicht auf deinen Verstand.

19. Rabbi Jannai sagte: Wir vermögen nichts gegen die Behaglichkeit der Frevler und nichts gegen die Leiden der Gerechten.

20. Rabbi Mathja, Chereschs Sohn, sagte: Komme jedermann zuvor mit deinem Gruß. Sei eher bei den Löwen ein Schwanz, aber nicht ein Haupt bei den Füchsen.

21. Rabbi Jakob sagte: Die Welt ist nur ein Vorhof der zukünftigen. Im Vorhof mach dich bereit, auf dass du eingelassen werdest in den Festsaal.

22. Ferner sagte er: Eine Stunde der Buße und der guten Werke in dieser Welt ist besser, als das ganze Leben in der zukünftigen. Und eine Stunde der Seligkeit in der zukünftigen Welt ist besser als das ganze Leben in dieser.

23. Rabbi Simon, Eleazars Sohn, sagte: Besänftige deinen Nächsten nicht in der Stunde seines Zorns. Tröste ihn nicht, wenn noch sein Toter vor ihm liegt. Entbinde ihn nicht von seinem Gelübde. Suche ihn nicht zu sehen in der Stunde seiner Sünde.

24. Samuel der Kleine sagte: Freue dich des Falles deines Feindes nicht, und dein Herz sei nicht froh über seinem Unglück; der HERR möchte es sehen, und es möchte ihm übel gefallen und er seinen Zorn von ihm wenden.

25. Elischa, Abujas Sohn, sagte: Was gleicht dem Lernen in der Jugend? Es ist so als schriebe man mit Tinte auf frisches Papier. - Was gleicht dem Lernen im Alter? Es ist so, als schriebe man mit Tinte auf radiertes Papier.

26. Rabbi Jose, Judas Sohn, aus Kephar Babli sagte: Was gleicht dem, das man von Kindern lernt? Es ist so, als äße man unreife Trauben oder tränke Most aus der Kelter. Was gleicht dem, das man von Alten lernt? Es ist so, als äße man reife Trauben oder tränke alten Wein.

27. Rabbi sagte: Siehe nicht auf den Krug, sondern was darinnen ist. Mancher neue Krug ist voll alten Weins, mancher alte enthält nicht einmal neuen.

28. Rabbi Eleazar der Gummihändler sagte: Neid, Wollust und Ehrgeiz richten den Menschen zugrunde.

29. Ferner sagte er: Den Geborenen ist bestimmt zu sterben, den Verstorbenen, wieder zu leben, und den wieder Lebenden, gerichtet zu werden. Alle sollen erkennen, erfahren und im Sinn halten, dass ER Gott ist, der Bildner und der Schöpfer, der alles sieht, der Richter, der Zeuge und der Kläger. Und er wird richten zu seiner Zeit. Gepriesen sei er, vor dem es gibt nicht Unrecht noch Vergessen, nicht Ansehen der Person noch Bestechung, denn alles ist sein. Wisse auch, dass alles zugerechnet wird, und traue nicht deinem Wahn, das Grab sei eine Zuflucht für dich. Nicht nach deinem Willen wurdest du geschaffen, nicht nach deinem Willen lebst du, nicht nach deinem Willen wirst du sterben, und nicht nach deinem Willen musst du Rechenschaft geben und Rechnung legen zu seiner Zeit vor dem König der Könige, dem Heiligen, gepriesen sei er.

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5

1.  Durch zehn Worte ward die Welt erschaffen. Was lehrt das? Konnte sie doch auch durch ein Wort erschaffen werden? Es geschah, damit die Gottlosen, welche die durch zehn Worte geschaffene Welt verderben, umso strenger bestraft würden, und damit die Gerechten, welche die durch zehn Worte geschaffene Welt erhalten, umso reicher belohnt würden.

2. Zehn Generationen sind von Adam bis Noah. Das zeigt seine Langmut; denn alle Generationen fahren fort, ihn zu erzürnen, er aber brachte erst dann die Wasser der Sintflut über sie.

3. Zehn Generationen sind es von Noah bis Abraham. Das zeigt seine Langmut, denn alle Generationen fahren fort, ihn zu erzürnen. Dann erst erschien unser Vater Abraham und empfing den ganzen Lohn.

4. Durch zehn Versuchungen ward unser Vater Abraham geprüft, und er hielt Stand in allen. Das zeigt, wie sehr unser Vater Abraham geliebt ward.

5. Zehn Wunder geschahen an unseren Vätern in Ägyptenland und zehn am Meer.

6. Durch zehn Versuchungen versuchten unsere Väter Gott in der Wüste, denn es steht geschrieben [4. Mos. 22]: die mich nun zehnmal versucht und meiner Stimme nicht gehorcht haben.

7. Zehn Wunder geschahen an unseren Vätern im Tempel: Nie hat ein Weib fehlgeboren durch den Geruch des heiligen Fleisches; nie wurde das heilige Fleisch übelriechend; nie sah man eine Fliege im Schlachthaus; nie stieß dem Hohenpriester zu, dass er sich durch nächtlichen Samenerguss verunreinigte am Versöhnungstag; nie hat der Regen das Feuer auf dem Altar gelöscht; nie hat der Wind die Rauchsäule auf dem Altar niedergedrückt; nie fand sich Fehlerhaftes an der Webegarbe und den zwei Webebroten und den Schaubroten; zusammengedrängt stand das Volk im Tempel zum Gottesdienst, und hatten doch Raum, sich niederzuwerfen; nie hat eine Schlange oder ein Skorpion einem Menschen in Jerusalem ein Leid getan; und nie hat einer zum andern gesagt: Es ist mir zu enge in Jerusalem, dass ich da übernachte.

8. Zehn Dinge wurden erschaffen in der Dämmerung am Vorabend des Sabbats: Der Mund der Erde [4. Mos. 16,31], die Öffnung des Brunnens [4. Mos. 20,7-11, 21,16], das Maul der Eselin [4. Mos. 22,28], der Regenbogen [1. Mos. 9,13], das Manna, der Stab Moses, der Stichel des Steinschneiders [2. Mos. 28,21], die Schrift der Gesetzestafeln und ihre Schreibart und die Gesetzestafeln selbst [2. Mos. 32,16]. Manche fügen noch hinzu: Die Dämonen, das Grab Moses und der Widder unseres Vaters Abraham. [1. Mos. 22,13] Andere fügen noch hinzu: Die erste Zange, denn eine Zange kann nur mit einer Zange gemacht werden.

9. An sieben Dingen erkennt man den Toren und an sieben Dingen den Weisen: Der Weise redet nicht vor dem, der ihn übertrifft an Jahren und Weisheit; er fällt seinem Nächsten nicht ins Wort; er antwortet nicht vorschnell; er fragt zur Sache und antwortet passend; am Anfang seiner Rede steht das erste und das letzte an ihrem Ende; er spricht: Ich weiß es nicht, wenn er etwas nicht weiß; er bekennt die Wahrheit. Das Entgegengesetzte findet man beim Toren.

10. Sieben verschiedene Strafgerichte kommen über die Welt wegen sieben verschiedener Sünden. Wenn etliche den Zehnten entrichten, etliche aber nicht, dann kommt Hungersnot durch Dürre, so dass etliche Hunger leiden, und etliche sind satt. Entrichtet aber keiner den Zehnten, dann kommt Hungersnot durch Aufruhr und Dürre. Wenn die Webebrote nicht dargebracht werden, dann kommt eine Hungersnot, in der alles zugrunde geht. Seuchen kommen über die Welt, wenn Sünden, die nach dem Gesetz mit dem Tod bestraft werden, nicht durch das Gericht geahndet werden, und wegen der Früchte des siebenten Jahres. Das Schwert kommt über die Welt, wenn das Recht unterdrückt und gebeugt wird, und wegen derer, die das Gesetz falsch auslegen. Wilde Tiere kommen über die Welt wegen der falschen Schwüre und wegen der Gotteslästerung. Wegführung in die Gefangenschaft kommt durch Götzendienst, Unzucht, Blutvergießen und wenn die Gebote über das Halljahr verletzt werden.

11. In vier Zeiten nehmen die Seuchen überhand: Im vierten Jahr, im siebenten Jahr, nach Ablauf des siebenten Jahres und alljährlich zum Ausgang des Laubhüttenfestes. - Im vierten Jahr wegen der Zehnten für die Armen im dritten, im siebenten Jahr wegen der Zehnten für die Armen im sechsten, nach Ablauf des siebenten Jahres wegen der Früchte des siebenten, und zum Ausgang des Laubhüttenfestes wegen Beraubung der Armen um die Nachlese.

12. Viererlei Gesinnungen gibt es unter den Menschen: Das Meine ist mein, und das Deine ist dein: die gewöhnliche Gesinnung, manche [Hes. 16,49] sagen auch, die von Sodom. - Das Meine ist dein, und das Deine ist mein: die eines Menschen aus dem einfachen Volk. - Das Meine ist dein, und das Deine ist dein: die eines Gerechten. - Das Meine ist mein, und das Deine ist mein: die eines Gottlosen.

13. Viererlei Arten des Gemüts gibt es: Leicht zu erzürnen und leicht zu besänftigen: der Schaden ist größer als der Gewinn. - Schwer zu erzürnen und schwer zu besänftigen: der Gewinn ist größer als der Schaden. - Schwer zu erzürnen und leicht zu besänftigen: die Gemütsart des Gerechten. - Leicht zu erzürnen und schwer zu besänftigen: die Gemütsart des Gottlosen.

14. Vielerlei Eigenschaften sieht man bei Schülern: Rasches Begreifen und rasches Vergessen: der Schaden ist größer als der Gewinn. - Schweres Begreifen und schweres Vergessen: der Gewinn ist größer als der Schaden. - Rasches Begreifen und schweres Vergessen: ein Weiser. - Schweres Begreifen und rasches Vergessen: ein schlimmes Schicksal.

15. Viererlei Arten gibt es unter den Almosenspendern: Manch einer gibt, möchte aber nicht, dass andere geben: er geizt mit Fremdem. - Manch einer möchte, dass andere geben, gibt aber selber nicht: er geizt mit dem Seinen. - Manch einer gibt selber und möchte, dass andere geben: ein Gerechter. --Manch einer gibt selber nicht und möchte auch nicht, dass andere geben: ein Gottloser.

16. Vielerlei Eigenschaften sieht man bei den Besuchern der Synagoge: Manch einer geht hin, aber handelt nicht danach: er hat das Verdienst, hingegangen zu sein. - Manch einer handelt danach, aber geht nicht hin: er hat das Verdienst des Werkes. - Manch einer geht hin und handelt danach: ein Gerechter. - Manch einer geht nicht hin und handelt auch nicht danach: ein Gottloser.

17. Viererlei Eigenschaften sieht man bei denen, die zu Füßen der Weisen sitzen: Sie sind wie Schwamm, Trichter, Seiher oder Mehlbeutel. Ein Schwamm, der alles aufsaugt. Ein Trichter, der alles aufnimmt an einer Stelle und wieder ausfließen lässt an einer anderen. Ein Seiher, der den Wein ausfließen lässt und die Hefe behält. Ein Mehlbeutel, aus dem das Staubmehl gebeutelt wird, und der das Kraftmehl behält.

18. Jede Liebe, die an etwas hängt, vergeht, sobald vergeht, woran sie hängt; die aber nicht an etwas hängt, vergeht nie. - Was ist nun eine Liebe, die an etwas hängt? Die Liebe von Amnon und Thamar [2. Sam. 13,1-21]. - Und was ist eine, die nicht an etwas hängt? Die Liebe von David und Jonathan. [1.Sam. 19,1-7]

19. Jeder Streit trägt bleibende Früchte, der um des Himmels willen geführt wird, und der nicht um des Himmels willen geführte ist fruchtlos. - Was ist nun ein Streit um des Himmels willen? Der Streit zwischen Hillel und Schammai. - Und was ist ein Streit nicht um des Himmels willen? - Der Streit Korahs und seiner ganzen Rotte. [4. Mos. 16]

20. Wer viele zu Werken der Gerechtigkeit führt, dem bleibt die Sünde fern; wer aber viele zur Sünde verleitet, dem wird keine Gelegenheit zur Buße gegeben. Mose war gerecht und führte viele zu Werken der Gerechtigkeit, darum ward ihm die Gerechtigkeit vieler zugerechnet, denn es steht geschrieben [5. Mos. 33,210]: er vollführte die Gerechtigkeit des HERRN und seine Rechte an Israel. - Jerobeam sündigte und verführte die Menge, darum wird sie ihm die Sünde der Menge zugerechnet, denn es steht geschrieben [1. Kön. 15,30]: um der Sünden Willen Jerobeams, die er tat und durch die er Israel sündigen machte.

21. Drei Eigenschaften sind es, die einen Menschen zum Schüler unseres Vaters Abraham machen, und drei andere machen ihn zum Schüler des gottlosen Bileam*. Ein freundliches Auge, ein bescheidenes Gemüt und ein demütiger Sinn sind die Zeichen der Schüler Abrahams. Ein böser Blick, ein zorniges Gemüt und ein hochfahrender Sinn sind die Zeichen der Schüler Bileams. Wie unterscheiden sich nun die Schüler unseres Vaters Abraham von denen des gottlosen Bileam? - Die Schüler unseres Vaters Abraham sind gesegnet in dieser Welt und erben die zukünftige, denn es steht geschrieben [Spr. 8,21]: dass ich wohl versorge, die mich lieben, und ihre Schätze voll mache. Die Schüler des gottlosen Bileam aber erben das Fegefeuer und stürzen in die tiefe Grube der Hölle, denn es steht geschrieben: Aber, Gott, du wirst sie hinunterstoßen in die tiefe Grube: die Blutgierigen und Falschen werden ihr Leben nicht zur Hälfte bringen. Ich aber hoffe auf dich. [Ps. 55,24]

22. Juda, Temas Sohn, sagte: Sei mutig wie ein Leopard, geschwind wie ein Adler, schnell wie ein Hirsch und heldenmütig wie ein Löwe, den Willen deines Vaters im Himmel zu erfüllen.

23. Ferner sagte er: Der Unverschämte ist für die Hölle und der Bescheidene für das Paradies. Möge es dir gefallen, O HERR unser Gott, dass deine Stadt in unseren Tagen wieder auferbaut werde, und lass uns deines Gesetzes teilhaftig werden.

24. Ferner sagte er: Reif ist der Mensch mit fünf Jahren für das Lesen der Heiligen Schrift, mit zehn für die Mischna, mit dreizehn für die Pflicht der Gesetzeserfüllung, mit fünfzehn für den Talmud, mit achtzehn für die Heirat, mit zwanzig für den Beruf. Mit dreißig ist ihm Vollkraft verliehen, mit vierzig Verstand, mit fünfzig Sitzen im Rat. Mit sechzig kommt das Alter, mit siebzig das Greisenalter, mit achtzig das Hohe Alter; mit neunzig ist er dem Grabe zu gebeugt, mit hundert ist er wie tot und der Welt entrückt.

25. Bagbags Sohn sagte: Wende und wühle im Gesetz, denn in ihm ist alles. Lies darin und werde alt und grau in ihm, und weiche nicht von ihm, denn es gibt nichts Besseres als das Gesetz.

26. Hehes Sohn sagte: Wie die Mühe so der Lohn.

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6

1. Die Weisen lehrten in der Sprache der Mischna. Gepriesen sei ER, der sie und ihre Lehre erwählt hat. Rabbi Meir sagte: Wer das Gesetz um des Gesetzes willen erforscht, der wird vieles erlangen, und nicht nur dies, sondern er ist würdig, dass nur seinetwegen die Welt besteht. Sein Name ist Freund und Geliebter, er liebt Gott und die Menschen, und er erfreut Gott und die Menschen. Die Liebe bekleidet ihn mit Sanftmut und Gottesfurcht und macht ihn tüchtig, gerecht und fromm und rechtschaffen und treu zu sein. Sie hält ihn fern von der Sünde und führt ihn hin zur Gerechtigkeit, und durch ihn nehmen zu Rat und Tat, Verstand und Macht, denn es steht geschrieben [Spr. 8,14]: Mein ist beides, Rat und Tat; ich habe Verstand und Macht. Dazu gibt sie ihm auch königliche Würde und Herrschaft und die Erforschung des Rechts, und ihm werden die Geheimnisse des Gesetzes offenbart. Er wird wie eine Quelle, die nie versiegt, und wie ein wachsender Strom. Bescheiden ist er, langmütig und nachsichtig. Sie erhebt ihn über alle Geschöpfe.

2. Rabbi Josua, Levis Sohn, sagte: Tag für Tag ertönt eine schallende Stimme vom Horeb und ruft und spricht: Wehe dem Menschengeschlecht ob der Missachtung des Gesetzes! Wer nicht das Gesetz erforscht, heißt ein Verworfener, denn es steht geschrieben [Spr. 11,22]: Ein schönes Weib ohne Zucht ist wie eine Sau mit einem goldenen Haarband. Und es steht geschrieben über die Gesetzestafeln [2. Mos. 32,16]: Gott hatte sie selbst gemacht und selber die Schrift eingegraben. - Du sollst aber nicht lesen charuth, das ist: eingegraben, sondern sollst lesen cheruth, das ist: Freiheit, denn ein Freier ist nur, wer das Gesetz erforscht. Wer das Gesetz erforscht, wird auch erhöht, denn es steht geschrieben [4. Mos. 31,19]: und von Matthana, das ist: Geschenk, gen Nahaliel, das ist: Gotteserbe; und von Nahaliel gen Bamoth, das ist: die Höhen.

3. Wer von seinem Nächsten auch nur ein Kapitel oder einen Lehrsatz oder einen Schriftvers oder selbst nur einen Buchstaben lernt, muss ihm Ehre erweisen, denn so tat Israels König David, da er von Ahithophel nur zwei Dinge gelernt hatte, und machte ihn zu seinem Rat, Freund und Verwandten, denn es steht geschrieben [Ps. 55,14]: Du aber bist mein Geselle, mein Freund und mein Verwandter. Vom Kleineren lässt sich aufs Größere schließen: Wenn David, der König von Israel, Ahithophel zu seinem Rat, Freund und Verwandten machte, da er nur zwei Dinge von ihm gelernt hatte, um wieviel mehr muss dann, wer von seinem Nächsten auch nur ein Kapitel oder einen Lehrsatz oder einen Schriftvers oder selbst nur einen Buchstaben lernt, diesem Ehre erweisen. Ehre aber gebührt nur dem Gesetz, denn es steht geschrieben [Spr.3,35]: Die Weisen werden Ehre erben, und [Spr.28,10]: die Frommen werden Gutes ererben. Und mit »Gutes« ist nur das Gesetz gemeint, denn es steht geschrieben [Spr. 4,2]: Denn ich gebe euch eine gute Lehre; verlasset mein Gesetz nicht.

4. Dies ist der richtige Weg zum Gesetz: Iss Brot mit Salz, trinke Wasser nach dem Maß [Hes. 4,11], schlafe auf der Erde, lebe entbehrungsreich, und mühe dich ab mit dem Gesetz. Tust du also, dann: wohl dir, du hast es gut. [Ps. 128,2] »Wohl dir« - auf dieser Welt, und »du hast es gut« - in der zukünftigen.

5. Strebe nicht nach Würden, und lass dich nicht gelüsten nach Ehren, die mehr erfordern, als du gelernt hast. Lass dich nicht gelüsten nach der Speise der Könige, denn deine Speise ist besser und deine Krone größer als ihre. Und dein Meister wird dir sicher den Lohn für deine Mühen geben.

6. Das Gesetz ist größer als das Priestertum und das Königtum, denn das Königtum wird durch dreißig Bedingungen erworben und das Priestertum durch vierundzwanzig, das Gesetz aber durch achtundvierzig: Durch Erforschen, Lauschen der Ohren zum Hören, Ausrichtung der Lippen zum Nachsprechen, Einsicht des Herzens, Verstand des Herzens, Ehrfurcht, Furcht vor der Sünde, Demut, Freudigkeit, Umgang mit Weisen, Unterredung mit Freunden, Erörterung mit Schülern, Nachdenken, Lesen der Schrift, Studieren der Mischna, Schrankensetzen dem Gewerbe, Schrankensetzen dem Schlaf, Schrankensetzen den Genüssen, Schrankensetzen dem Scherzen, Schrankensetzen dem ehelichen Beilager, Geduld, ein gutes Herz, Vertrauen in die Weisen und das Ertragen von Leiden. Weiter muss man wissen, wo sein Platz ist, zufrieden sein mit seinem Anteil, einen Zaun um seine Worte machen, sich nichts zugute tun auf das Seine, angenehm sein, Gott lieben und die Menschen und die Gerechtigkeit und die Zurechtweisungen und die Redlichkeit, und man muss sich von Ehrungen fernhalten, nicht auf sein Wissen stolz sein, sich nicht an der reinen Gelehrsamkeit erfreuen, seinem Nächsten seine Last tragen helfen, Menschen nach ihren guten Seiten beurteilen, sie zur Wahrheit führen und zum Frieden leiten. Weiter soll man beim Lernen bedächtig vorgehen, richtig fragen und antworten, zuhören und an Wissen zunehmen, lernen, zu lehren; lernen, um danach zu handeln; seinen Lehrer weiser machen, das Gehörte genau wiedergeben und immer den Urheber nennen, wenn man einen Ausspruch tut. Dies lernst du: Wer den Namen des Urhebers nennt, dessen Ausspruch er vorträgt, bringt Erlösung über die Welt, denn es steht geschrieben [Est. 2,22]: und Esther sagte es dem König in Mardochais Namen.

7. Groß ist das Gesetz, und es gibt Leben dem, der ihm folgt, in dieser Welt und in der zukünftigen, denn von seiner Lehre und seinen Worten steht geschrieben [Spr. 4,22]: Denn sie sind das Leben denen, die sie finden, und gesund ihrem ganzen Leibe. Ferner steht geschrieben [Spr. 3,8]: Das wird deinem Nabel gesund sein und deine Gebeine erquicken. Ferner steht geschrieben [Spr.3,18]:

Sie ist ein Baum des Lebens allen, die sie ergreifen; und selig sind, die sie halten. Ferner steht geschrieben [Spr. 1,9]: Denn solches ist ein schöner Schmuck deinem Haupt und eine Kette an deinem Halse. Ferner steht geschrieben [Spr. 4,9]: Sie wird dein Haupt schön schmücken und dich zieren mit einer hübschen Krone. Ferner steht geschrieben [Spr. 3,16]: Langes Leben ist zu ihrer rechten Hand; zu ihrer Linken ist Reichtum und Ehre. Ferner steht geschrieben [Spr. 3,2]: Denn sie werden dir langes Leben und gute Jahre und Frieden bringen.

8. Rabbi Simon, Menasjas Sohn, sagte im Namen des Rabbi Simon, Jochais Sohn: Schönheit, Macht, Reichtum, Ehre, Weisheit, Alter, Greisenalter und Kindersegen zieren die Gerechten, und sie zieren die Welt, denn es steht geschrieben [Spr. 16,31]: Graue Haare sind die Krone der Ehren, die auf dem Wege der Gerechtigkeit gefunden wird. Ferner steht geschrieben [Spr. 17,6]: Der Alten Krone sind Kindeskinder, und der Kinder Ehre sind ihre Väter. Ferner steht geschrieben [Spr. 20,29]: Der Jünglinge Stärke ist ihr Preis; und graues Haar ist der Alten Schmuck. Ferner steht geschrieben [Jes. 24,23]: Und der Mond wird sich schämen, und die Sonne mit Schanden bestehen, wenn der HERR Zebaoth König sein wird auf dem Berge Zion und zu Jerusalem und vor seinen Ältesten in der Herrlichkeit.

9. Rabbi Simon, Menasjas Sohn, sagte: Diese sieben Dinge, die die Weisen den Gerechten zuschreiben, haben sich alle an Rabbi und seinen Kindern erfüllt.

10. Rabbi Jose, Kismas Sohn, erzählte: Einst machte ich eine Reise, da begegnete mir ein Mann und entbot mir den Friedensgruß. Und da ich ihn erwidert, fragte er mich: Rabbi, woher kommst du? Ich antwortete ihm: Ich komme aus einer großen Stadt voll Weiser und Schriftgelehrter. Da sprach er zu mir: Rabbi, möchtest du nicht bei uns in unserer Stadt wohnen? Ich würde dir Tausend und Abertausende von Golddenaren, Edelsteinen und Perlen geben. Da antwortete ich ihm: Mein Sohn, selbst wenn du mir alles Silber und Gold und alle Edelsteine und Perlen der Welt gäbest, wollte ich doch nur wohnen an der Stätte des Gesetzes. Denn stirbt der Mensch, begleiten ihn weder Silber noch Gold und auch nicht Edelsteine und Perlen, sondern allein das Gesetz und die guten Werke, denn es steht geschrieben [Spr. 6,26]: wenn du gehst, dass sie dich geleiten; wenn du dich legst, dass sie dich bewahren; wenn du aufwachst, dass sie zu dir sprechen. »Wenn du gehst, dass sie dich geleiten« - aus dieser Welt; »wenn du dich legst« - werden sie dich bewachen im Grabe; »wenn du aufwachst« - werden sie zu dir sprechen in der zukünftigen Welt. Und so steht es auch geschrieben [Ps. 119,72] im Buch der Psalmen von David, dem König von Israel: Das Gesetz deines Mundes ist mir lieber denn viel tausend Stück Gold und Silber. Ferner steht geschrieben [Hag. 2,8]: Denn mein ist Silber und Gold, spricht der HERR Zebaoth.

11. Fünferlei eignete sich zu der Heilige, gepriesen sei er, als sein Eigentum: Das Gesetz ist ihm zu eigen, Himmel und Erde sind ihm zu eigen, Abraham ist ihm zu eigen, Israel ist ihm zu eigen und der Tempel ist ihm zu eigen. - Woher weißt du dies vom Gesetz? Es steht geschrieben [Spr. 8,22]: Der HERR hat mich gehabt im Anfang seiner Wege; ehe er etwas machte, war ich da. - Woher weißt du dies von Himmel und Erde? Es steht geschrieben [Jes. 66,1]: So spricht der HERR: Der Himmel ist mein Stuhl und die Erde meine Fußbank. Was ist es denn für ein Haus, das ihr mir bauen wollt? Oder welches ist die Stätte, da ich ruhen soll? Ferner steht geschrieben [Ps. 104,24]: HERR, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. - Woher weißt du dies von Abraham? Es steht geschrieben [1. Mos. 14,19]: Und segnete ihn und sprach: Gesegnet seist du, Abram, dem höchsten Gott, der Himmel und Erde besitzet! - Woher weißt du dies von Israel? Es steht geschrieben [2. Mos. 15,16]: bis dein Volk, HERR, hindurch komme, bis das Volk hindurch komme, das du erworben hast. Ferner steht geschrieben [Ps. 16,3]: An den Heiligen, so auf Erden sind, und den Herrlichen, an denen hab ich all mein Gefallen. - Woher weißt du dies vom Tempel? Es steht geschrieben [2. Mos. 15,17]: zu deinem Heiligtum, HERR, das deine Hand bereitet hat. Ferner steht geschrieben [Ps. 78,54]: Und er brachte sie in seine heilige Grenze, zu diesem Berge, den seine Rechte erworben hat.

12. Und alles, was der Heilige, gepriesen sei er, geschaffen hat; schuf er zu seiner Ehre, denn es steht geschrieben [Jes. 43,7]: alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich geschaffen habe zu meiner Herrlichkeit und zubereitet und gemacht. Ferner steht geschrieben [2. Mos. 15,18]: Der HERR wird König sein immer und ewig.

Yeschaiahu Leibowitz
Vorträge über die Sprüche der Väter - Auf den Spuren des Maimonides


Die "Sprüche der Väter" sind eines der 63 Traktate der Mischna, die im 3. Jh. v. Chr. nach heftigem Ringen niedergeschrieben wurde und einen Teil der "Mündlichen Lehre" bildet.

Leibowitz hat eine Auswahl der "Sprüche der Väter" in 31 Vorträgen im israelischen Rundfunk behandelt. Sein Buch ist eine leichte Überarbeitung dieser Vorträge.

Yeschaiahu Leibowitz, geboren 1903 in Riga, 1919 Flucht nach Deutschland, Studien der Philosophie, Chemie und Medizin in Berlin, Heidelberg und Basel, mehrere Doktorhüte, 1934 Flucht nach Palästina, Professor an der Hebräischen Universität Jerusalem. Er gehörte zu Israels unbequemsten Denkern, trat für eine Trennung von Staat und Religion ein und gab den ihm zuerkannten Israelischen Staatspreis noch vor der Verleihung 1993 wieder zurück.

Yeschaiahu Leibowitz: Vorträge über die Sprüche der Väter -
Auf den Spuren Maimonides, 2. Auflage, Obertshausen 1999

248 Seiten, € 14,80

ISBN 3-924072-03-5

Glühende Kohlen:
Die Worte der Weisen

Wer meint, sich daran festhalten zu können, der verbrennt sich die Finger, während sie jene Menschen wärmen, die kluge Distanz dazu zu wahren wissen...

 

Die Torah (Fünfbuch = Pentateuch) besteht aus den 5 Mosebüchern, die in der hebräischen Bibel jeweils nach einem der ersten Worte des jeweiligen Buches heißen: beReschith (im Anfang), Schemoth (die Namen), vajikra (Er rief), baMidbar (in der Wüste) sowie Dewarim (Reden).

Siehe auch ../judenmission/judenmission/bibel.htm.

hagalil.com 02-02-2005


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